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Der Umweg zum Aufstieg
Vom Tellerwäscher zum Milliardär: Zdeněk Bakala baute ein Firmenimperium auf und wurde
Zeitungsverleger
Es gibt sie noch, die modernen Märchen, in denen der Held mit fünfzig Dollar auf der Hand in
Amerika ankommt und es dann vom Tellerwäscher zum Milliardär bringt. Zdeněk Bakala ist ein
solcher Fall, und er lacht ein wenig, als er in seinem hell und nüchtern ausstafierten Prager Büro
davonerzählt.DasserinseineraltenHeimateinmalderzweitreichsteManndesLandesundeiner
der wichtigsten Unternehmer sein würde, war 1980 keineswegs vorherzusehen. Auch nicht, dass
erzweiderbestenZeitungenseinEigennennenunddenberühmtestenPolitikerdesLandeszum
Freund gewinnen würde.
1980setztesichderSohneinesBauingenieurs,derinBrünnaufwuchs,dortabervondenkom-
munistischen Behörden nicht zum Gymnasium zugelassen wurde, über Jugoslawien nach Öster-
reich ab und erhielt Asyl in den
USA
. Um alles in der Welt wollte der Neunzehnjährige eine gute
Ausbildung haben. Er bekam sie und gründete darauf eine ungewöhnliche Karriere. Am Lake
Tahoe,woKalifornienanNevadagrenzt,lernteZdeněkBakalaEnglisch,besuchteeinCollegeund
verdiente sich im Restaurantbetrieb von Harrah's Casino seinen Lebensunterhalt als Spülkraft.
Dem Wirtschaftsstudium in Berkeley ließ er dann eine Ausbildung an der Business School des
renommierten Dartmouth College in New Hampshire folgen. Und als im Herbst 1989 in Europa
der Kommunismus zusammenbrach, da hatte der Achtundzwanzigjährige gerade in New York
eineLaufbahnalsInvestmentbankerbegonnen.»Ichdachtenie,dassichdasjeerlebenwürde.Ich
war damals in New York zwölf Stunden täglich im Büro, und abends habe ich
CNN
geguckt.«
Seine berulichen Kenntnisse nutzte er zum klassischen Aufstieg über den Finanzmakler zum
eigenständigen Magnaten, und eine Schlüsselrolle spielte dabei die Zusammenarbeit mit dem
renommiertendeutschenFinanzstrategenHans-JörgRudloff.AlsseinenCheflernteerihninLon-
don bei der Investmentbank Credit Suisse First Boston kennen. Rudloff sah als Erster die neuen
PotenzialeinMittel-undOsteuropaundschickteBakalanachPrag,wodieserinderheißenPhase
der Privatisierungen als Berater viele große Deals begleitete, so 1991 den Verkauf der Automobil-
fabrik Škoda an
VW
. »Darauf bin ich heute noch extrem stolz«, wirft der ansonsten eher zurück-
haltend formulierende Unternehmer im Gespräch ein.
Zusammen mit Rudloff gründete er 1994 in Prag eine eigene Investmentbank namens Patria
Finance. Sieben Jahre später, als die belgische Finanzgruppe
KBC
das Institut übernahm, hatte
Bakala so viel verdient, dass er sein eigener Prinzipal werden konnte. Er fasste Mitteleuropa
ins Visier, das er kannte, und investierte in alten Industriebesitz, weil der nach seiner Meinung
unterbewertet war. So wurde der einstige Tellerwäscher zum Kohlebaron, wie ihn die Presse
in Anspielung auf ein in Tschechien beliebtes satirisches Theaterstück nannte. Er übernahm