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Grenze von fünfzigtausend. Nicht nur bei Immobilien liegen die Preise auf Prager Niveau, die
Löhne und Gehälter aber am Ende der Skala im Land. Natürlich bleibt der Badetourismus die
BasisallenWirtschaftens,undgeradedeshalbsollKarlsbadnachdemWillenderneuenMehrheit
das gesamte historische Ensemble des Kurgebiets zum Eintrag in die UNESCO -Liste des Weltkul-
turerbes vorschlagen, gemeinsam mit den Nachbarn Marienbad und Franzensbad, mit denen es
das legendäre böhmische Bäderdreieck bildet.
EsgehörtzudenhistorischenParadoxienderStadt,dassihrewertvollenBauten,diejetztvon
Russen gekauft und saniert wurden, ihre Existenz zumeist den früheren deutschstämmigen Be-
wohnernverdanken,diehierbiszurVertreibung1945überfünfundachtzigProzentderBevölker-
ungstellten.DieGegendwar,wiederHistorikerundLokalpatriotStanislavBurachovičbeimGe-
spräch in seinem Wohnzimmer hervorhebt, im Mittelalter von deutschsprachigen Siedlern urbar
gemacht, die Stadt von deren Nachkommen geformt worden. Unter ihnen waren Unternehmer-
dynastienwiediederBecher(Likör),Moser(Kristall),Pupp(Hotellerie)undderursprünglichaus
ItalienstammendenMattoni(Mineralwasser).ImVillenviertelindetmanaufHäusernnochheute
AufschriftenwieBayer,FinkoderRiedl,undaufdemKarlsbaderFriedhofsinddiedeutschenNa-
men absolut dominant. Vizebürgermeister Jiři Klsák sagt dazu den erstaunlichen Satz, er sehe es
»alseingroßesMinus«an,dassdieTschechenaufdas»großePotenzial«derDeutschenverzichtet
hätten, denn diese hätten seit achthundert Jahren zur Entwicklung der Region beigetragen.
Wie viel Zustimmung er damit bei seinen tschechischen Mitbürgern inden würde, ist schwer
abzuschätzen. Nach der Revolution von 1989 befürchteten viele, vor allem die Älteren, jetzt
könnten die Sudetendeutschen zurückkommen und ihr enteignetes Vermögen zurückverlangen.
Doch dies passierte nicht, auch deutsche Investoren waren sehr zurückhaltend. Im Gegensatz zu
den Russen, die dann zum Zuge kamen.
»Die Russen lieben Karlsbad«, sagt der Historiker Burachovič, und für ihn gibt es auch ein
Indiz, dass diese Liebe sich manchmal ins Magische steigert. Jedenfalls gibt es in der Stadt einen
Mann,einenEinheimischen,derzumPrivatvergnügenJahrfürJahrdurchdieTeplwatetunddie
Münzen einsammelt, die die Kurgäste dort in der Hoffnung auf Glück und Gesundheit hinein-
werfen.»Essind«,sagtBurachovic,»zuneunundneunzigProzentrussischeRubelundKopeken.«
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