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Hektar erweiterte die bayerische Staatsregierung 1997 auf vierundzwanzigtausendzweihundert-
fünfzig Hektar. Siebenundneunzig Prozent des Schutzgebiets sind mit Wald bedeckt.
Auf tschechischer Seite war noch unter kommunistischer Herrschaft 1963 ein Landschaftss-
chutzgebiet errichtet worden, das die UNESCO 1990 zum Biosphärenreservat erklärte. 1991 schuf
die Regierung in Prag dort den Národní Park Šumava (Nationalpark Böhmerwald), der direkt
an den Nationalpark Bayerischer Wald anschließt, jedoch weit größer ist. Er umfasst achtund-
sechzigtausend Hektar, die zu einundachtzig Prozent bewaldet sind. Auf der restlichen Fläche
inden sich Hutweiden, Hochmoore, Heiden, Gletscherseen sowie abenteuerlich mäandrierende
Flüsse und Bäche. Innerhalb des Nationalparks liegen auch sechs Dörfer, drei weitere am Rande.
Auf beiden Seiten der Grenze, die seit dem EU -Beitritt Tschechiens 2004 und der Aufnahme
des Landes in die Schengen-Zone der EU 2007 faktisch keine Rolle mehr spielt, leben zahllose
seltene Planzen und Tiere. Zu den besonders geschützten Arten gehören das Auerhuhn, der Fis-
chotter,derRaufußkauz,derElchsowiederLuchs,derhierMittedes19.Jahrhundertsausgerottet
worden war und inzwischen erfolgreich wieder angesiedelt werden konnte.
Für Naturfreunde ist dies ein Auslugsziel der Oberklasse. Zu Fuß oder auf dem Fahrrad
durchstreifen sie bei gutem Wetter zu Tausenden die Schutzgebiete. Auch die Kernzone, das
»Wilde Herz«, bleibt ihnen nicht versperrt. Allerdings muss man sich dort an bestimmte Wege
halten und ist gebeten, jeden Eingriff und jede Störung zu unterlassen.
Die Rückkehr zur Wildnis folgt einem Konzept der International Union for Conservation of
Nature ( IUCN ), die ihren Sitz in Gland in der Schweiz hat und mehr als tausend Bürgerinitiat-
iven, Verbände und staatliche Behörden in hundertsechzig Ländern zu ihren Trägern zählt. Wo
ihre strengen Regeln Anwendung inden, das erkennt man in der freien Natur, so auch im Böh-
merwald, mit bloßem Auge. Auf den wogenden Hügeln unweit der Moldauquellen erblickt man
- es ist auf der bayerischen Seite - einen Hang, auf dem eine ganze Armada toter Fichten in den
Himmel ragt. Silbern starren die entnadelten Skelette ins Mittagslicht, hier hat der Borkenkäfer
seinWerkgetan.Undniemandhinderteihnjahrelangdaran,nochweitereHügelzubefallenund
deren Bewuchs ebenfalls dem Tod zu weihen.
Wie in Bayern und Österreich schon vor Jahren, so ist darüber auch in Tschechien eine
leidenschaftliche Kontroverse entbrannt. Schon im Jahr 2009 verlangten Bürgermeister und
Abgeordnete aus zahlreichen Kommunen im Böhmerwald, die Förster des Nationalparks sollten
endlich die vom Borkenkäfer befallenen Bäume schlagen und aus dem Wald fortschaffen, damit
das gefräßige Tier nicht auch noch die gesunden Bestände in der Nachbarschaft vernichte. Es
drohe nämlich großer wirtschaftlicher Schaden, weil die befallenen Bäume nicht mehr zu gutem
Preis verkauft werden können. Auch aus Österreich und Bayern hagelte es Kritik.
Tschechische Politiker verschiedenster Couleur schalteten sich ein, so der frühere Minister-
präsident Miloš Zeman, ein Sozialdemokrat, der den Verantwortlichen mit Strafanzeige drohte.
Jiří Zimola, der Bezirkshauptmann der Region Südböhmen, sprach von einer Pandemie und
kündigtean,erwerdedenNotstandausrufenundsichsodieMöglichkeitverschaffen,selbertätig
zu werden. Schließlich eilte sogar von der Prager Burg der konservative Staatspräsident Václav
Klaus in den Böhmerwald, um mit großer Geste als Erster seine Unterschrift unter eine Petition
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