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Leuchter, Schachfiguren und ganze Altäre.
Insbesondere in Palanga gab es seit dem
17. Jh. Bernsteinwerkstätten; während der
Blütezeit im 17./18. Jh. kamen noch Kö-
nigsberg und Danzig als Hochburgen der
Bernsteindreherzünfte hinzu. Besonders
bekannt wurde das 55 qm große legendä-
re Bernsteinzimmer. Es war das größte
Bernstein-Kunstwerk überhaupt und wur-
de als achtes Weltwunder betrachtet.
1701-11 im Auftrag des preußischen Kö-
nigs Friedrich Wilhelm I. ursprünglich für
das Schloss Charlottenburg in Berlin ange-
fertigt, schenkte dieser 1716 das 17 qm
große Panel dem Zaren Peter den Großen,
das 1717 nach St. Petersburg kam und
1755 seinen endgültigen Platz in der Som-
merresidenz im Katharinenpalast in Zar-
skoje Sela (im heutigen Pushkin) fand. Un-
ter Zarin Katharina II. wurde das Bernstein-
zimmer vergrößert; so wurden z.B. vier
Florentiner Steinmosaike mit allegorischen
Darstellungen der 5 Sinne in die Bernstein-
wände eingelassen. 1770 war aus dem
kleinen Kabinett ein etwa 100 qm großer
Prachtsaal geworden. Im Herbst 1941
wurde es beim Russlandfeldzug von deut-
schen Truppen nach Königsberg gebracht,
wo es dann in etwas veränderter Form im
Schloss besichtigt werden konnte. Im Juni
1944 wurde es letztmals gesehen, als die
107 Paneele und 150 Figuren abgebaut
und verpackt wurden. Seither ist es ver-
schollen. Der Nachbau, finanziert durch
ein deutsches Gasunternehmen, ist ab
2003 an seinem alten Platz zu bewundern.
Hierfür wurde qualitativ hochwertiger
Stoff, der nur in rund 0,2 % der Förder-
menge zu finden ist, verwendet. Es wird je-
doch noch etwa 80 Jahre dauern, bis der
Bernstein nachdunkelt und wie das einsti-
ge Bernsteinzimmer aussehen wird. Eine
kleinere Kopie ist im Bernsteinmuseum
von Kaliningrad (Königsberg) zu sehen.
Ein Mosaik des berühmten Zimmers wur-
de 1997 in Bremen auf einem Dachboden
entdeckt, wo es ein Wehrmachtssoldat als
„Mitbringsel“ versteckt hatte. 1998 tauch-
te dann in Ostberlin noch eine Kommode
auf, die jemand unwissentlich in seinem
Wohnzimmer stehen hatte. Beide Kunst-
werke wurden 1999 im Austausch mit
Beutekunst an Russland zurückgegeben.
Inklusen sind in den Bernstein einge-
schlossene tierische oder pflanzliche Re-
ste, wie Mücken, Käfer, Spinnen oder Blät-
ter. Diese Lebewesen sind im ursprünglich
flüssigen Harz klebengeblieben und darin
eingeschlossen worden. Da das Harz
rasch erhärtete, sind sie über Jahrmillionen
hinweg vorzüglich konserviert worden, so
dass heute noch feinste Einzelheiten zu er-
kennen sind. Da Inklusen nur in etwa ei-
nem Prozent aller Funde vorkommen, sind
sie nicht nur sehr teuer, sondern auch von
wissenschaftlichem Interesse, um prähisto-
rische Lebensformen zu ergründen. Der
Traum eines jeden Gentechnikers ist, wie
im Film „Jurassic Park“ zu sehen ist, aus
dem Blutstropfen eines Insektenrüssels
den genetischen Bauplan eines Dinosau-
riers zu rekonstruieren. Die Rückkehr der
Riesenechsen aus Omas Brosche? Die
weltweit umfangreichste Sammlung sol-
cher Inklusen besitzt das Bernstein-
museum in Palanga.
Schlauben nennt man solche Bernstein-
stücke, bei denen die natürliche Fließform
des Harzes erhalten geblieben ist. Da die
meisten Harzströme übereinanderflossen,
erscheinen die Schlauben geschichtet. An-
dere Fließformen, die im Bernstein erhal-
ten geblieben sind, sind Zapfen und Trop-
fen (die Tränen der J©ratë; s. Exkurs).
Medizinische Bedeutung
Bernstein wird in Heilsteingeschäften vor
allem als Rohstein, Anhänger, Kette, und
Handschmeichler verkauft. Er soll sowohl
positiv auf die Psyche ausstrahlen und u.a.
bei Depressionen helfen (was z.B. schon
die Griechen erkannten, s.o.) als auch hei-
lende Wirkung auf den Körper haben. Sei-
ne Anwendungsgebiete sind u.a. Haut-
krankheiten, Allergien, Entzündungen,
Muskel- und Knochenerkrankungen, Grip-
pe. Nähere Infos in der Fachliteratur.
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