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Kardinal
Joseph Fesch
(1763-1839)
men mit dem Schriftsteller Chateaubriand,
der Botschaftssekretär wurde. Fesch brach-
te den Papst dazu, Napoléon zum Kaiser zu
krönen.
Kardinal Joseph Fesch scheint eine viel-
seitig begabte, interessierte und nicht leicht
durchschaubare Persönlichkeit gewesen zu
sein. Trotz seiner religiösen Berufung,
scheute er vor weltlichen Dingen nicht zu-
rück, war geschickt mit Geld, das er um-
sichtig anlegte, und der Überlieferung nach
diplomatisch im Umgang mit Menschen.
Was uns heute am meisten ins Auge fällt,
ist des Kardinals Sammelleidenschaft. Er
häufte während seines Lebens eine Un-
menge an Gemälden und Büchern an. Et-
wa 16.000 Gemälde waren es bis zu sei-
nem Tod. Aber diese Sammelleidenschaft
war nicht nur eine Sucht, sondern auch ei-
ne wohlüberlegte Geldanlage. Fesch hatte
ein Auge für vielversprechende Künstler
und Orte, an denen Schnäppchen manch-
mal am Rande der Legalität zu machen wa-
ren. Und so kaufte er manches Bild für we-
nig Geld, das heute ein Vermögen Wert ist.
Kardinal Fesch wird aber auch als ein
sehr karrierebewusster Mensch dargestellt.
Nicht nur seine kirchliche Karriere war ihm
wichtig, sondern auch sein Ansehen und
sein Ruhm in der Öffentlichkeit. Daher
bemühte er sich, noch zu Lebzeiten seine
Sammlung öffentlich zugänglich zu ma-
chen. Er ließ das Palais Fesch bauen, das
einen Teil seiner Gemäldesammlung be-
herbergte. Dadurch wurde Joseph Fesch in
der Kunstwelt und in der Geschichte und
Gegenwart Korsikas unsterblich. Bei sei-
nem Tod im Jahre 1839 gingen der Palast
und die Kunstsammlung in den Besitz der
Stadt Ajaccio über.
Eine andere Initiative gelang Kardinal Jo-
seph Fesch allerdings nicht: Er legte fest,
dass mit seinem Geld im Palast eine korsi-
sche Kunstakademie eingerichtet werden
sollte. Dies erschien den Stadtoberen je-
doch ein zu abwegiger Gedanke; man
konnte das Geld vermutlich besser ander-
weitig verwenden.
Fesch ist ein Name, der aus der Geschichte
Korsikas ebenso wenig wegzudenken ist
wie der Paolis, nur auf einem ganz anderen
Gebiet. Die Herkunft des für Korsika sehr
untypischen Namens ist schnell aufgeklärt:
Josephs Vater, François Fesch, war Schwei-
zer, der sich als Leutnant für das genuesi-
sche Militär verdingte. Er verliebte sich in
die verwitwete Angela-Maria Pietrasanta,
die Mutter von Letizia Ramolino (spätere
Bonaparte), ihrerseits Mutter Napoléons.
François Fesch konvertierte zum Katholizis-
mus und konnte Angela-Maria heiraten. Jo-
seph Fesch wurde 1763 in Ajaccio geboren
und war der Halbbruder von Letizia Bona-
parte.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen,
waren Joseph Fesch zwei Dinge wichtig:
seine Karriere innerhalb der Kirche und sei-
ne Sammelleidenschaft von Gemälden.
1779 begann er das Studium der Theologie
in Aix-en-Provence und arbeitete sich in der
Kirchenhierarchie hoch. 1785 ging Joseph
Fesch nach Korsika zurück, wurde sechs
Jahre später Vikar in Ajaccio, musste aber
1793 zusammen mit der Familie Bonaparte
aus Korsika fliehen. In Toulon begann Jo-
seph Fesch eine etwas dubiose Militärkar-
riere, bei der er offenbar in einer Beschaf-
fungseinheit seine privaten Einkünfte auf-
bessern konnte. Nach einigen Jahren und
bereits ein reicher Mann, nahm er seine
Kirchenkarriere erneut auf und erreichte
mit Unterstützung durch seinen mittlerwei-
le einflussreichen Neffen bis 1803 das Amt
des Erzbischofs und kurze Zeit später des
Kardinals von Lyon. Dank des ausgeprägten
Familiensinns der Bonapartes machte Na-
poléon I. Kardinal Fesch schließlich zum
französischen Botschafter in Rom, zusam-
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