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Danielle Casanova
(1909 - 1943)
Danielle Casanova kann man noch heute in
ihrer Geburtsstadt Ajaccio begegnen -
nicht persönlich zwar, aber in Gestalt des
eleganten, nach ihr benannten Schiffs der
S.N.C.M., das das ganze Jahr über Korsen,
Franzosen und andere Reisende und ihre
Autos von Frankreich aus auf die Insel
bringt. Viele werden den Namen des Schif-
fes lesen und sich fragen, wer sich dahinter
verbirgt, denn außerhalb Frankreichs ist
Danielles Name kaum bekannt. Auch in ih-
rer Heimatstadt Ajaccio erinnert wenig an
sie: Lediglich der Name eines Boulevards
(makabererweise direkt gegenüber der Zi-
tadelle, die noch immer vom Militär be-
nutzt wird) und eine Tafel an ihrem Ge-
burtshaus (18, Blvd. Danielle Casanova).
Das Museum im Haus wurde vor ein paar
Jahren geschlossen.
Danielle Casanova war Steinbock - sie
wurde am 9. Januar 1909 in Ajaccio als drit-
tes von fünf Kindern des Lehrer-Ehepaars
Perini unter dem Namen Vincentella Perini
(„Lella“) geboren. Ihre Großeltern, die Vin-
centella liebte, lebten in Vistale, einem klei-
nen Weiler in der Nähe von Piana. Die
Schulferien verbrachte die junge Vincentella
meist bei ihnen auf dem Land. Zeitgenos-
sen beschreiben sie als ein außergewöhn-
lich fröhliches und intelligentes Kind, das
gerne lachte und spielte, und ein sehr offe-
nes und direktes Wesen hatte. In der Schule
war sie eine der Besten.
Vincentella besuchte schließlich die wei-
terführende Schule in Luc (Département
Var) und machte dort ihr Abitur. Bald da-
rauf bekam sie ein Stipendium am Lycée
Longchamp im Marseille, wo sie auf den
Wunsch ihrer Eltern hin die Lehrerinnen-
Laufbahn einschlagen sollte. Vincentella
fühlte sich aber nicht wohl dabei, schiffte
sich spontan nach Ajaccio ein und erklärte
ihren verblüfften Eltern, dass sie lieber ei-
nen freieren Beruf erlernen wollte. Ihre El-
tern respektierten diesen Wunsch und
schickten sie zu ihrem Bruder nach Paris, der
dort als Journalist lebte. Vincentella schrieb
sich 1927 am Institut in der Rue Garancière
ein und begann Zahnmedizin und Zahnchi-
rurgie zu studieren.
Als Studentin in Paris begann Vincentella
aufzufallen, wovor sie ihre beschützte Kind-
heit und die gesicherten finanziellen Verhält-
nisse ihrer Familie bisher bewahrt hatten: vie-
le Menschen waren arm oder aus den unter-
schiedlichsten Gründen Opfer der gesell-
schaftlichen Realitäten geworden. Vincentel-
la begann sich für die Lebensgeschichten
und Probleme dieser Menschen zu interessie-
ren. Noch 1927 trat sie in die neu gegründete,
linke Studentenvereinigung V.F.E. (Union
Fédérale des Étudiants) ein. Sie engagierte
sich aktiv in politischen Diskussionen und
schrieb in der Zeitung der V.F.E. Bald wurde
sie verantwortlich für die „zahnmedizinische“
Abteilung der Studentenvereinigung. Hier
lernte sie auch ihren Freund Laurent Casano-
va kennen.
1928 trat Vincentella den Jungen Kommu-
nisten bei, und wurde die Sekretärin der Par-
tei in der medizinischen Fakultät. Als „Kame-
radin“ erschien ihr Vincentella kein angemes-
sener Name zu sein, und sie nannte sich
fortan „Danielle“, ein Name der ihr blieb.
Trotz ihres politischen Engagements vernach-
lässigte sie ihr Studium nicht. 1933/1934
wurde in positiver und negativer Hinsicht
zum Schicksalsjahr für Danielle. Sie heiratete
ihren Freund Laurent Casanova; im gleichen
Jahr kam in Deutschland Adolf Hitler an die
Macht und im Februar 1934 wurde Danielle
Casanova auf dem Congrès d'Ivry zu einem
der Mitglieder der Direktion der kommunisti-
schen Bewegung Frankreichs gewählt, zu-
sammen mit Raymond Guyot, Victor Michaut,
Maurice Choury, Georges Ternet, Léonce
Grandjean und Raymond Latarget. Die Ereig-
nisse in Deutschland und der Vormarsch der
Faschisten auch in Frankreich brachten der
Kommunistischen Partei als „Gegenbewe-
gung“ einen stürmischen Mitgliederzuwachs.
1936 wurde unter dem Dach der Kommunis-
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