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Die
griechischen Korsen
Das Jahr 1729 aber brachte eine Wende,
denn die Korsen erhoben sich gegen die
genuesischen Besatzer. Die Griechen je-
doch hatten Genua als Gegenleistung für
das Gewähren von Asyl unbedingte Treue
geschworen und mussten sich wohl oder
übel auf die Seite Genuas schlagen. Das
Unvermeidliche trat ein: Die Korsen fühlten
sich hintergangen und kassierten die grie-
chische Enklave Paomia. Wie viele Grie-
chen dabei umkamen, ist nicht genau be-
kannt. Die Überlebenden wurden nach
Ajaccio gebracht, wohl weil sie dort besser
unter Kontrolle zu halten waren.
Während der Zeit der korsischen Selbst-
ständigkeit begann sich das Verhältnis zwi-
schen der kleinen griechischen Gemeinde
und den Korsen zu verbessern. Aber wie-
derum war es eine fremde Macht, die den
Griechen ihr Siedlungsrecht in Cargèse
zurückgab: die Franzosen, die seit 1769 die
Insel beherrschten. Erneut waren die Grie-
chen zunächst wenig willkommen, denn
die Schäfer der Nachbardörfer weideten ihr
Vieh in den Wintermonaten dort, wo die
griechischen Siedler ihre Häuser bauen
wollten. Im Laufe der Zeit entspannte sich
der Konflikt.
Heute leben Korsen und Griechen in
Cargèse zusammen, als wäre es nie anders
gewesen. Die Namen erinnern mittlerweile
kaum noch an ihre griechische Herkunft.
Aber eines zeugt noch heute von der An-
wesenheit der griechischen Bevölkerung in
Cargèse: die schmucke griechische Kir-
che, in der nach wie vor die traditionellen
griechischen Feste gefeiert werden!
Eine griechische Gemeinde auf Korsika?
Was auf den ersten Blick bizarr anmutet,
hat in Cargèse Tradition. Dort lebt (mit Un-
terbrechungen) seit über 300 Jahren eine
griechische Minderheit, und das durch ei-
nen puren Zufall der Geschichte.
Gut 800 Griechen flohen im Jahre 1663
aus ihrem Dorf an der Bucht Itylon auf dem
südlichen Peloponnes vor den osmani-
schen Besatzern nach Westen. Sie hofften
auf Zuflucht im Machtbereich der Genue-
sen. Aber diese hielten sie hin. Erst drei-
zehn Jahre später überließen die Genuesen
den mittlerweile nur noch etwa 730 grie-
chischen Flüchtlingen großzügig ein klei-
nes Stück Land im Gebiet von Paomia, ein
Dorf unweit der Stelle, an der sich heute
die Stadt Cargèse befindet. Im März 1676
landeten die griechischen Einwanderer auf
der damals genuesischen Insel Korsika. Sie
hatten sich ihre neue Heimat nicht ausge-
sucht, aber sie versuchten das Beste aus ih-
rer Situation zu machen. Und tatsächlich:
Ihre kleine Kolonie blühte auf. Was noch
erstaunlicher war: Nach anfänglicher Dis-
tanziertheit vertrugen sie sich mit den Kor-
sen in ihrer Nachbarschaft gut; so gut, dass
einige sogar ihre Namen anpassten und
beispielsweise aus „Mirotakis“ „Mirotacci“
wurde - verkorsischtes Griechisch also.
Charles X. bestätigte 1829 die Not-
wendigkeit beider Kirchen. Bedingt
durch Geldmangel und Bauschäden
zog sich der Weiterbau jedoch zu-
nächst hin. Die Innenausstattung kam
erst 1845/46 dazu, der Glockenturm
wurde 1847 angebaut. Die von außen
schlichte Église Sainte-Marie besticht
durch ihren reich geschmückten In-
nenraum. Obwohl üppige Verzierun-
gen bei barocken oder neobarocken
Kirchen nichts Ungewöhnliches sind,
fällt hier doch der Farb- und Einfalls-
reichtum der Darstellungen auf, mit
dem die Erbauer offensichtlich Saint-
Spiridon übertrumpfen wollten. Die
katholische Kirche steht zwar im
Schatten der griechischen und ihre In-
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