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zum König Korsikas zu krönen. Vier Wochen
nach seiner Ankunft, am 15. April 1736, wur-
de die feierliche Zeremonie im Kloster von
Alesani vollzogen.
Théodore I. war von nun an König von Kor-
sika, der erste und auch letzte König der In-
sel. Korsika war damit de facto selbstständig.
Théodore I. zog ins nahe Cervione in der Cas-
tagniccia, hoch über dem Küstenflachland bei
Moriani Plage. Von hier aus regierte er nun
seine Insel - ganze acht Monate lang. Théo-
dore I. gestaltete die Bischofsresidenz des
Dorfes um, die er nun als Königspalast be-
wohnte und versuchte dort einen Hof nach
dem Vorbild Versailles zu organisieren. Er ließ
Münzen mit seinem Emblem drucken und
verteilte Adelstitel an reiche Korsen, die ihn
dafür kräftig entlohnen mussten. Es lässt sich
unschwer vorstellen, dass das nicht unbedingt
die beste Art war, sich unter der Bevölkerung
Freunde zu schaffen. Andererseits verteilte
Théodore I. tatsächlich die Versorgungsmate-
rialien und Nahrungsmittel, die er mitge-
bracht hatte, unter der Bevölkerung. Er ver-
suchte durch die Anlage von Salinen und
Waffenfabriken und die Unterstützung des
Handwerks Einkunftsquellen für die Leute zu
schaffen und trommelte ein Heer zusammen,
mit dem er auf Porto-Vecchio und Sartène zu-
marschierte, um die Städte zu befreien, die
nach wie vor unter genuesischer Herrschaft
standen. Dies gelang ihm schließlich erstaun-
licherweise.
Dennoch war die bizarre Episode des Kö-
nigreichs Korsika unter Théodore I. wahr-
scheinlich das Werk eines Hochstaplers oder
eines Menschen, der an einer Persönlich-
keitsstörung litt. Die ausländischen Truppen
und Mächte, die den Korsen zu Hilfe eilen
würden, waren vermutlich nur ein opportu-
nistisches Fantasiegebilde. Als die Vorräte,
die Théodore I. auf die Insel gebracht hat-
te, zur Neige gingen und kein Nachschub
in Sicht war, begannen die Korsen den
Schwindel zu durchschauen. Nicht nur die
Korsen begannen Druck auf ihn auszu-
üben, auch Genua zog mit der Hilfe Frank-
reichs los, um Korsika erneut zu annektie-
ren. Théodore I. roch Lunte und flüchtete,
vermutlich nicht in Karnevalslaune, am
11.11.1736 inkognito als Priester verkleidet
unter dem Schutz der französischen Fahne
nach Livorno. Damit war es zu Ende mit
der korsischen Monarchie.
Theodor von Neuhoff gab aber so
schnell nicht auf. Er landete zwar in Amster-
dam im Schuldnergefängnis, doch es ge-
lang ihm, holländische Kaufleute für Korsi-
ka zu interessieren. Schließlich stellte er
drei Schiffsladungen mit Waffen aller Art
zusammen und fuhr erneut gen Korsika,
wo er im September 1738 anlandete. Die
Insel war aber nun wieder in genuesischer
Gewalt, und der korsische Adel hatte kein
Interesse mehr, sich mit dem deutschen Ba-
ron abzugeben. So musste er wieder abzie-
hen, versuchte es jedoch gut vier Jahre spä-
ter, im Januar 1743, noch einmal. Wieder
hatte er drei große englische Schiffe dabei,
die voll beladen mit Waffen waren. Aber
die Korsen warfen ihn erneut hinaus. So
zog er sich nach England zurück, wo ihn
seine Gläubiger erwarteten. Der Schulden-
berg des Barons von Neuhoff muss be-
trächtlich gewesen sein. So blieb ihm nur
der erneute Gang ins Schuldnergefängnis.
Horace Walpole sammelte Geld für Theo-
dor und konnte ihn frei kaufen. Aber Theo-
dor von Neuhoff war bereits ein gebroche-
ner Mensch. Er starb am 11.12.1756 in Lon-
don und wurde in der Westminster Abbey
beigesetzt.
den korsischen Radiosender Voce
Nustrale und einen sehr modernen
Point Internet unterhalb der Kirche.
Musée de l'ADECEC, Tel. 0495 381283,
www.adecec.net. Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-
12 und 14-18 Uhr (19 Uhr im Sommer). Ein-
tritt: 3 ; für 2 zusätzlich kann man sich
Kopfhörer für eine Audioführung ausleihen
(auf Korsisch, Französisch, Deutsch und Ita-
lienisch).
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