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Pasquale hatte eine umfassende Universi-
tätsbildung, war bewandert in Wirtschaft
und Politik, sprach mehrere Sprachen flie-
ßend und machte darüber hinaus noch ei-
ne militärische Karriere als Leutnant eines
Kavallerieregiments aus Syrakus. Paoli kehr-
te im April 1755 als Offizier und Politiker
nach Korsika zurück, nachdem Gianpietro
Gaffori ermordet worden war und ihn die
Korsen zu Hilfe gerufen hatten. Kurz darauf
wurde Pasquale Paoli zum General der
korsischen Nation ernannt. Die Korsen
setzten große Hoffnungen in den jungen,
hochgebildeten Paoli, der sich für die Un-
abhängigkeit der Insel vom genuesischen
Joch einsetzte.
Was Paoli in den 14 Jahren leistete, in de-
nen er einflussreichster korsischer Politiker
und Feldherr war, ist tatsächlich erstaunlich.
Seine Erfolge sind vielleicht weniger außen-
politischer als innenpolitischer Art. Es ge-
lang Paoli, den Widerstand des korsischen
Adels zu brechen, der (zu Recht) einen Ver-
lust seiner Privilegien fürchtete, falls es Pao-
li gelingen sollte, seine Ideen umzusetzen.
Paoli konnte viele Bürger und einen Teil der
Landbevölkerung für sich gewinnen. Mehr
als 20 Jahre vor der französischen Revolu-
tion etablierte Paoli auf Korsika ein poli-
tisches System, das auf Demokratie und
Gewaltenteilung basierte, ein Parlament
und eine unabhängige Justiz einsetzte und
die Adelsprivilegien beschnitt.
Die korsische Flagge, jener markante
Mohrenkopf mit weißem Stirnband, wur-
de der Überlieferung nach von Paoli einge-
führt; im Unterschied zur bisherigen Dar-
stellung rückte die Augenbinde nun auf die
Stirn, um damit das Ende der „Sklaverei“ zu
symbolisieren. Vehement trat Paoli auch
gegen den Brauch der Vendetta ein. Er
drohte jedem Vendetta-Mörder an, das
Haus seiner Familie niederbrennen zu las-
sen. Aber die Vendetta war in der korsi-
schen Tradition so stark verankert, dass
selbst drastische Drohungen nicht wesent-
lich zu einer Eindämmung des Brauches
führten.
Pasquale Paoli
(1725-1807)
„U babbu di a patria“ (der Vater des Vater-
landes), so nannten und nennen ihn die
Korsen noch heute, den in der Geschichte
des korsischen Widerstandes wahrschein-
lich meistgeachteten Freiheitskämpfer und
erbitterten Widersacher Napoléons. Am 6.
April 1725 erblickte Pasquale Paoli in Moro-
saglia im äußersten Nordwesten der Casta-
gniccia das Licht der Welt. Sein Elternhaus
steht noch und beherbergt ein kleines Pao-
li-Museum.
Der Kampf für die korsische Unabhän-
gigkeit muss der Familie Paoli im Blut gele-
gen haben, denn bereits Pasquales Vater,
Giacinto Paoli, war ein einflussreicher Poli-
tiker und Kämpfer, der für die korsische Un-
abhängigkeit eintrat. 1736, nach dem Ende
des „Experiments König Théodore I.“, muss-
te die Familie auf Druck der alten und neu-
en Herren aus Genua Korsika verlassen.
Die Familie ging nach Neapel ins Exil. So
kam es, dass Pasquale dort studierte und in
Neapels Armee seinen Dienst verrichtete.
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