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reich eintreten, ist kleiner geworden.
Das ist wahrscheinlich auf zwei Ent-
wicklungen zurückzuführen: den an-
gesprochenen, merkbaren Wandel in
der Korsika-Politik Frankreichs und die
Zunahme der Bedeutung der Europä-
ischen Union. Von großer Bedeutung
sind in diesem Zusammenhang die
Förderung der korsischen Kultur und
Sprache, die Stärkung regionaler Ver-
waltung und die Förderung korsischer
Unternehmer. Ein Plebiszit würde heu-
te kaum noch eine Mehrheit für die
Unabhängigkeit erreichen. Viele Kor-
sen haben seit einiger Zeit eingese-
hen, dass unter den gegenwärtigen
Bedingungen die Zugehörigkeit zu
Frankreich mit großer Wahrscheinlich-
keit für Korsika vorteilhafter ist als eine
völlige politische Unabhängigkeit.
Aber für eine stärkere regionale Auto-
nomie treten fast alle Korsen ein.
Korsika ist nach wie vor eine der
ärmsten Regionen Frankreichs, trotz
Tourismus und kräftiger Finanzspritzen
aus Paris. Die Löhne auf der Insel sind
niedriger, dafür sind die Lebenshal-
tungskosten höher als in den meisten
Gebieten des französischen Festlands.
Dem Reisenden wird auch heute
noch auffallen, dass er nicht überall
auf Korsika mit uneingeschränkter
Freundlichkeit rechnen kann. Die bis-
weilen provozierende Unfreundlich-
keit, selbst im Dienstleistungsgewer-
be, ist eine Form der Abgrenzung. Sie
ist oftmals nur temporär. So kann je-
mand, der oder die einem beim ersten
Aufeinandertreffen die Tür weist, nach
mehrfachen Begegnungen durchaus
sehr herzlich werden. Egal ob freund-
lich oder nicht: Korsen lassen das Ge-
genüber selten im Unklaren, wie sie zu
ihm stehen. Und diese Ehrlichkeit hat
durchaus einen gewissen Charme.
Böse Zungen in Frankreich spotten,
dass „Corse“ mit der Concorde mehr
gemeinsam hat als die beiden An-
fangsbuchstaben: Finanziell sind beide
ein Fass ohne Boden, ein Statussymbol
der Grande Nation, das jeder wirt-
schaftlich und rational denkende
Mensch eher heute als morgen ab-
stoßen würde. Die Concorde wurde
2003 ausgemustert. Aber an Korsika
hält Frankreich eisern fest.
Heutige Bevölke-
rungs-, Sozial- und
Wirtschaftsstruktur
Nach einer Erhebung von 2006 hat
Korsika eine Bevölkerungszahl von et-
wa 280.000. Da viele Korsen mitge-
zählt wurden, die auf dem Festland le-
ben und auf Korsika nur einen Zweit-
wohnsitz haben, dürfte die wahre Zahl
der auf Korsika lebenden Menschen
nicht viel höher als etwa 210.000 sein,
von denen etwa 150.000 Korsen sind.
Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in
oder in der Umgebung der beiden
größten Städte Ajaccio und Bastia.
Der Negativtrend der Bevölkerungs-
entwicklung auf Korsika scheint ge-
stoppt zu sein, da die Zahlen in den
letzten Jahren eher steigen als fallen.
Das absolute Tief lag 1955 bei etwa
170.000 Einwohnern. Dennoch fällt
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