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rung im Laufe des bewaffneten Kamp-
fes gegen die Besetzung durch Frank-
reich viel Kredit verspielt haben. Und
das nicht etwa durch die Anschläge
auf französische Einrichtungen, son-
dern durch die Mordanschläge und
die Angst, die sie unter den Korsen
selbst verbreitet haben und noch im-
mer verbreiten. Wer nicht aktiv mit
den Wölfen heulte, galt schnell als Ver-
räter an der korsischen Sache. Und
auch wenn es die Vendetta heute offi-
ziell nicht mehr gibt, so bekommt es
einem unter Umständen nicht gut, als
Verräter zu gelten. Schnell könnte sich
einmal eine Kugel in die falsche Rich-
tung verirren.
Die großen militanten Nationalisten-
Gruppen wie die FLNC haben sich ge-
spalten. Einige der neuen Gruppen
sind terroristische Organisationen, die
bisweilen eher Mafiastrukturen haben.
Sie versuchen ihre eigenen Landsleute
massiv einzuschüchtern, um sie zur
Unterstützung zu zwingen. Das mutet
seltsam an, denn gerade die Korsen
sollten ihre eigenen hervorstechenden
Charaktereigenschaften am besten
kennen. Eine davon ist, dass man sich
von keinem Fremden, egal ob Korse
oder nicht, zu etwas zwingen lassen
möchte. Der Freiheitswunsch der Kor-
sen ist in der Tat groß - oft auch der
Wunsch nach Freiheit vom Terror im
eigenen Land.
Während man in den ersten Jahren
des 21. Jahrhunderts den Eindruck hat-
te, dass die politischen Zugeständnis-
se an Korsika den militanten Separatis-
ten etwas den Wind aus den Segeln
genommen hatten, so ist die Entwick-
lung seit 2005 eher ernüchternd: die
Zahl der Anschläge auf Korsika
steigt wieder an. Ganz offen stellen
einige Gruppen ihre martialisch anmu-
tenden, vermummten Terrorkomman-
dos und die „Resultate“ der Bomben-
anschläge im Internet zur Schau. Die
beiden stärksten und miteinander kon-
kurrierenden militanten Separatisten-
organisationen, die FLNC-UC ( Union
des Combattants = Union der Kämp-
fer) und die FLNC du 22 Octobre (auf
Korsika kurz die „22-10“ genannt)
kämpfen darum, wer von beiden die
effektivere Terroristenorganisation ist.
Anfang Januar 2006 bekannte sich die
FLNC-UC öffentlich zu 22 Anschlägen
auf Korsika, ein paar Tage später zog
die FLNC du 22 Octobre nach und
übernahm die Verantwortung für 17
Anschläge. Am 20. Januar 2006 wur-
den weitere Anschläge für die nahe
Zukunft angekündigt, nicht nur auf
Korsika sondern auch auf dem Fest-
land. Nur zwei Tage später kam Ale-
xandre Vincenti, ein 24-jähriges Mit-
glied der FLNC du 22 Octobre, beim
Versuch ums Leben eine Sprengla-
dung an einer Bank in Aix-en-Pro-
vence anzubringen. Die Sprengladung
war zu schwach, um irgendeinen
größeren Schaden an dem Gebäude
anzurichten, aber ausreichend um den
unvorsichtigen Attentäter zu töten,
den die FLNC zu einem Helden und
Märtyrer stilisierte. Bombenanschläge
gab es auch vor dem Besuch des da-
maligen Innenministers und heutigen
Präsidenten Nicolas Sarkozy.
Die Front der Korsen, die für die Un-
abhängigkeit der Insel von Frank-
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