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len, zurückhaltenden Ornamentik; stili-
sierte Skulpturen und Blendbögen fin-
den Eingang in die Gestaltung der
großen, ein- oder mehrschiffigen Kir-
chenbauten. Während die Bauweise
der meisten Kirchen sich in dieser Zeit
an pisanischen oder anderen „italieni-
schen“ Vorbildern orientiert, gibt es ei-
nige bemerkenswerte und recht eigen-
artige Sonderformen, wie etwa die be-
reits erwähnte Kirche San Michele di
Murato. Besonders auffällig an dieser
Kirche ist ihre „Zebra-Architektur“:
Durch die regelmäßige Abfolge von
weißgrauem und dunkelgrünen Mau-
erwerk entsteht ein polychromer Cha-
rakter, der auf Korsika nur bei wenigen
Kirchen zu finden, in anderen Regio-
nen des westlichen Mittelmeers, z. B.
auf Sardinien, aber durchaus gängig ist.
Die pisanische Zeit auf Korsika war
ruhig und gab der Insel eine neue Per-
spektive, aber darüber hing wie ein
Damoklesschwert ständig die drohen-
de Macht Genuas und des teilweise
mit ihm verbündeten korsischen Adels.
Mehrfach hatten die Genuesen schon
versucht, Korsika den Pisanern abzuja-
gen, jahrzehntelang jedoch ohne Er-
folg. Da griff die Ratsversammlung Ge-
nuas zu einem bewährten Trick: Man
bestach die korsischen Bistümer, um
sie dazu zu bringen, Pisa den Pakt zu
kündigen. Der Plan war erfolgreich.
Papst Innozenz III. unternahm zwar
noch einen Schlichtungsversuch, bei
dem die nördlichen Bischofssitze
(Mariana, Nebbio und Accia) Genua
unterstellt wurden und die südlichen
(Aléria, Ajaccio und Sagone) bei Pisa
verblieben. Die Zwietracht war aber
bereits gesät, sowohl unter den Korsen
als auch zwischen Pisa und Genua, die
sich beide mit einem „halben Korsika“
nicht zufrieden geben wollten. Wieder
wurde die Insel ein Spielball im poli-
tischen Gezänk zwischen den beiden
mächtigen Stadtrepubliken um die
Herrschaft über den westlichen Mittel-
meerraum.
Krieg schien wieder einmal die un-
ausweichliche Folge. Genua fühlte
sich stark genug, den Pisanern zu trot-
zen. Viele Küstenabschnitte wurden
von den Genuesen eingenommen und
massive Bollwerke errichtet, die zwar
im Laufe der folgenden Jahrhunderte
immer wieder aus- und umgebaut wur-
den, aber im Prinzip bis heute zu sehen
sind: die genuesischen Zitadellen.
Calvi, Ajaccio, Bonifacio, Bastia, Alga-
jola, Porto-Vecchio ..., fast jede größere
Ansiedlung erhielt eine Festung.
Pisa war nicht stark genug, dem et-
was entgegen zu setzen. Aber erst
1284 entschied sich das weitere
Schicksal Korsikas und der Region: In
der Seeschlacht von Meloria (vor der
ligurischen Küste) versenkten die Ge-
nuesen fast die komplette pisanische
Flotte, ein Schlag von dem sich Pisa
nie mehr erholen sollte. Der Weg zur
zentralen Handelsmacht im west-
lichen Mittelmeer war für Genua frei.
Und auch der Weg nach Korsika, auf
dem die Genuesen ja bereits mehr als
einen Fuß in der Tür hatten.
Das größte erhaltene romanische Bauwerk
Korsikas: die Kathedrale La Canonica
südlich von Bastia
 
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