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wahrscheinlich die Megalithkulturen
verdrängten. Nach ihren Turmbauten
wird dieses bis heute rätselhafte Volk
„Torreaner“ genannt (ital.: „torre“ =
„Turm“). Wiederum ist es vor allem
der Süden der Insel, in dem sich die
neuen Siedler niederlassen. Besonders
schöne Beispiele gibt es bei Levie im
Sartenais (Castellu di Cucuruzzu) und
bei Porto-Vecchio (Tappa und Castellu
d'Arraghiu). Es wird angenommen,
dass die Torreaner ebenso wie die
meisten Siedler vor ihnen an der Süd-
ostküste bei Porto-Vecchio anlandeten,
denn dort finden sich noch Überreste
von Türmen ohne Wehrcharakter.
Der Ursprung der Torreaner ist un-
geklärt. Roger Grosjean schlägt die
Shardana, ein Söldner- und Seevolk,
als die mutmaßlichen korsischen Tor-
reaner vor. Ein Hinweis darauf ist,
dass die auf einem Relief in Theben
(Ägypten) dargestellten Shardana den
Darstellungen auf einigen Menhir-
statuen sehr ähneln. Die Theorie wird
aber von anderen Archäologen ange-
zweifelt.
Bei der Ausdehnung des torreani-
schen Siedlungsgebiets nach Westen
und Südwesten kam es wohl zum be-
waffneten Konflikt mit den megalit-
hischen Völkern. Die Torreaner hatten
die weitaus besseren Kriegswaffen
(Dolche, Bronzeschwerter) und wa-
ren den Megalithvölkern überlegen.
Die Megalithvölker scheinen sich eine
Zeit lang erfolgreich gewehrt zu ha-
ben, aber letztlich war ihre Niederlage
vermutlich vernichtend. Ihre Kultstät-
ten und Siedlungen wurden zerstört
und die Reste der Steine, auch die
Menhire, als „Rohmaterial“ für die
Bauten der Torreaner verwendet (z. B.
in Filitosa).
Besonders gut kann man die Bau-
weise der Torreaner am Castellu di
Cucuruzzu bei Levie studieren ( Le-
vie und Umgebung). Typischerweise
bestehen die torreanischen Festungs-
anlagen aus einem Torre aus Zyklo-
penmauerwerk, der oft in bereits vor-
handene Naturfelsburgen integriert
wurde. Die Hauptkammer war von ei-
ner falschen Kuppel abgedeckt. Ein
Wall umgab den Zentralbau. Die Torre
waren mit Sicherheit keine Wohntür-
me und nicht oder nicht primär Vertei-
digungsanlagen. Vielmehr vermutet
man eine kultische Bedeutung, even-
tuell als Kremationsplätze, da man
dort dicke Schichten von Asche nach-
weisen konnte. Später wurden viele
dieser Kultstätten wie auch die Dörfer
mit Befestigungsmauern umgeben. In
die Zeit zwischen 1300 und 1100
v. u. Z. fiel vermutlich auch der Groß-
teil der bewaffneten Auseinanderset-
zungen zwischen den Völkern. Nun
tauchten auch die dolchbewehrten
Menhirstatuen der Megalithvölker auf.
Möglicherweise wichen in der Folge-
zeit die Überlebenden der Megalith-
kulturen nach Norden aus. Die letzten
datierten Menhire finden sich in Pieve
im Nebbio ( Das Nebbio-Hinter-
land). Interessanterweise fehlt diesen
Statuen wieder der Dolch.
Trotz des Siegs der Torreaner über
die Megalithkulturen in Südkorsika er-
folgte der Untergang beider Kulturen
auf Korsika ungefähr um die gleiche
Zeit, etwa 1000 v. u. Z.
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