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junge Frau war die perfekte Komplizin ihres Mannes, auch in sehr viel komplizierteren
Fällen. Sie wechselte ihren Namen, nannte sich Prinzessin Serafina oder Königin von Saba,
ließ sich als Großmeisterin der Adoptionsloge anreden, einer Loge also, die speziell den
Frauen vorbehalten war, denen damals (wie übrigens auch heute) der Zugang zur
Freimaurerei verwehrt war.
Cagliostro nahm ein schreckliches Ende. Er war, allerdings nur sehr am Rande, in Marie
Antoinettes berühmte «Halsbandaffäre» verwickelt, die manche für einen der Auslöser der
Französischen Revolution halten. Nach einer Odyssee quer durch Europa, bei der er sich
seiner gerechten Strafe Dutzende von Malen immer wieder hatte entziehen können, war
er in eine Falle getappt, die ihm vom Geheimdienst des Papstes gestellt worden war. In
Rom kamen eines Tages zwei päpstliche Spitzel auf ihn zu und baten um Aufnahme in
seine Loge. Cagliostro setzte die übliche Initiationszeremonie in Gang, ohne zu beachten,
dass er damit im Vatikanstaat geltende Gesetze brach, wo Freimaurerei unter Todesstrafe
verboten war. Prompt lösten sich die beiden Agenten in Luft auf, wobei sie - Gipfel des
Hohns - nicht einmal die vereinbarte Aufnahmegebühr bezahlten. Das war im
Schicksalsjahr 1789. Als Gattin Serafina, die Komplizin so vieler Abenteuer, die Situation
erkennt, hat sie nichts Eiligeres zu tun, als ihren Mann bei einem Priester zu denunzieren.
Dieser übermittelt die Anzeige dem Santo Uffizio, das darüber umgehend die Spitzen des
Vatikans in Kenntnis setzt. Papst Pius VI. ruft den Staatssekretär und andere Kardinäle zu
sich. In der Nacht des 27. Dezember wird Cagliostro festgenommen und in der Engelsburg
eingekerkert. Seine Frau wird ins Kloster Sant'Apollonia gesteckt und unter Hausarrest
gestellt. Ein armer Kapuzinerbruder, den Cagliostro als Mitglied der Loge hatte gewinnen
können, wird ins Kloster Ara Coeli gesperrt.
Die gegen ihn erhobenen Anklagen waren zahlreich und schwerwiegend: Freimaurer,
Zauberer, Sektenführer, Lästerer gegen Gott, die Madonna, die Heiligen und die
katholische Religion, Fälscher, Verleumder, Aufrührer - mehr als genug für das Schafott.
Wie also verteidigte sich der geniale Scharlatan? Indem er sich zum Dummkopf machte,
könnte man sagen, indem er eine Hundertachtzig-Grad-Wende vollführte, die ihn mit
einem Schlag aus der Kategorie des noblen, genialen Neuerers in die des Scharlatans
beförderte. Sein Rechtsanwalt, Carlo Costantini, stellte ihn als armseligen, unbedeutenden
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