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skull, the kings jester» («Dieser Schädel da war Yoricks Schädel, des Königs Spaßmacher»).
Die Entdeckung regt Hamlets Erinnerungen an: «Hier hingen diese Lippen, die ich geküsst
habe, ich weiß nicht wie oft. Wo sind nun deine Schwänke? Deine Sprünge? Deine Lieder,
deine Blitze von Lustigkeit, wobei die ganze Tafel in Lachen ausbrach? Ist jetzt keiner da,
der sich über dein eigenes Grinsen aufhielte? Alles weggeschrumpft? Nun begib dich in die
Kammer der gnädigen Frau und sage ihr, wenn sie auch einen Finger dick auflegt: so'n
Gesicht muss sie endlich bekommen.»[ 8 ]
Die von Hamlet inszenierte Vanitas - wenn man sie so nennen will - ist interessant,
auch unter dem Aspekt der Kombination des Todes mit Yoricks Wahnsinn, wenngleich es
sich in diesem Fall, zumindest teilweise, um einen Wahnsinn handelte, der gespielt war,
um den König zu unterhalten oder unter dem Deckmantel des Wahnsinns unangenehme
Wahrheiten auszusprechen. Derselbe Trick, den Pirandello in seinem Enrico IV
(Heinrich IV.) benutzt, wahrscheinlich seinem Meisterwerk.
Wir befinden uns am Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Kostüm Heinrichs IV. nimmt ein
Edelmann an einem Maskenzug teil. Ein Rivale um die Gunst seiner Angebeteten sorgt
dafür, dass er vom Pferd fällt, er schlägt mit dem Kopf auf und wird ohnmächtig. Als er
wieder zu Bewusstsein kommt, glaubt er tatsächlich, der deutsche Kaiser zu sein. Seine
Familie und Freunde bestätigen ihn in diesem Wahn. Nach vielen Jahren kommt er wieder
zur Vernunft, simuliert seinen Wahnsinn aber weiter, um sich ungestraft an seinem alten
Konkurrenten rächen zu können, der ihn nicht nur zu Fall gebracht, sondern ihm auch
noch die geliebte Frau gestohlen hatte. Das Verhältnis zwischen Normalität und Wahnsinn
ist in Pirandellos Theater zentrales Thema. Eine fingierte Verrücktheit wird beispielsweise
auch im Stück Il berretto a sonagli (Die Narrenkappe) beschworen, wo sie dazu dient, den
Schein zu wahren und damit die bürgerliche Reputation des Protagonisten. Der
Schriftsteller Leonardo Sciascia, Sizilianer wie Pirandello, nimmt das Motiv in seinem
kurzen Essay La corda pazza (etwa: «Die verrückte Saite» oder «Uhrfeder»)[ 9 ] auf, wo er
sowohl einen Satz aus Il berretto als auch aus Enrico IV zitiert:
«Sie müssen wissen, dass wir [Sizilianer] alle so etwas wie drei Uhrfedern im Kopf haben. Die ernste, die zivile
und die verrückte.»[ 10 ]
«Also schön, ja, ich bin verrückt! Aber dann, zum Donnerwetter, auf die Knie! Auf die Knie! Ich befehle, dass ihr
 
 
 
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