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Monte Pellegrino gezeigt habe. Die Höhle wurde gefunden und nach einer großen
Grabungsaktion auch die Gebeine des frommen Mädchens. Die Jesuiten übernahmen die
Überprüfung ihrer Echtheit. Da es damals noch keine genetischen Analysen gab, war das
Ergebnis vor allem dem guten Willen und dem bewährten Glauben der Ärzte
anheimgestellt. Am 22. Februar 1625 wurden Rosalias Gebeine dem Stadtrat übergeben,
im Juni wurde die fünf Jahrhunderte zuvor verstorbene Jungfrau heiliggesprochen. Pietro
Zullino schreibt in seinem bereits erwähnten Werk, der Kult der Hl. Rosalia sei auf ihre
Verbindung zur kaiserlichen Familie Friedrichs II. zurückzuführen, des Staufers und
Normannen, des Mannes und Königs, der Palermo dreißig Jahre lang, von 1220 bis 1250,
zur Haupstadt des Heiligen Römischen Reiches und zum politischen Zentrum der Welt
gemacht hatte.
Noch heute ist in Palermo die Meinung verbreitet, dass es die in feierlicher Prozession
durch die Stadt getragenen sterblichen Überreste Rosalias waren, die der verheerenden
Pest Einhalt geboten. Der Rosalia-Kult verbreitete sich in einem Maße, dass die vier
vorhergehenden Schutzpatrone - die Heiligen Cristina, Agata, Oliva und Ninfa -
vollkommen verdrängt und praktisch ersetzt wurden. Die Rosalia zuteil werdende
Verehrung erreichte Ausmaße, die sonst nur Maria, der Mutter Gottes, vorbehalten war.
Der Fall Rosalia ist ein Beispiel für den Kult, den diese Stadt mit den Toten und ihren
Reliquien treibt. In Palermo gibt es die größte und makaberste Mumiensammlung
Europas, vielleicht der Welt. Acht- bis zehntausend Leichname ruhen hier, ausgestellt in
deckellosen Särgen oder an Mauern baumelnd, in dramatischen, grotesken, obszönen,
vom Tod oder der Zeit verursachten Posen, die Münder aufgerissen in einem letzten
stummen Schrei. Die Totenschädel sind von Hautfetzen bedeckt, die Glieder verkrümmt,
mal mit einem Gefängnissack bekleidet, mal in Abendkleid oder -uniform, Damen mit
Hauben und Krinolinen. Es sind Klosterbrüder, Händler, Baronessen, Bürgerliche und
Offiziere, Jungfrauen, die am Vorabend ihrer Hochzeit gestorben waren, in dem
Brautkleid, das sie im Leben nicht mehr hatten tragen können und das heute nur noch in
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