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Gesellschaft Jesu schließen lässt - von den Jesuiten unterhalten wird. Ein nicht sonderlich
schönes Bauwerk, nichts jedenfalls im Vergleich zu den prunkvollen Kirchen del Gesù
oder Sant'Ignazio in Rom. Beeindruckend aber ist, dass die Messe dort in tadellosem
Latein gehalten wird. Und noch erstaunlicher ist, dass die Menge der Gläubigen imstande
ist, dem Zelebranten korrekt zu antworten, ebenfalls auf Lateinisch. Es handelt sich um
eine besondere Kirche mit konservativer Tendenz, was auch den beträchtlichen Zulauf bei
den Messen im Vergleich zu den vielen anderen, selbst am Sonntag halbleeren Kirchen
erklärt. Der konzentrierte Ernst dieser Priester und dieser Gläubigen flößt selbst
demjenigen Respekt ein, dem diese Religion fremd ist. Französische Freunde haben mich
darauf aufmerksam gemacht, dass der Katholizismus in Frankreich zwar vorherrschend
ist, dass er aber die Konkurrenz zu verschiedenen protestantischen Konfessionen zu
bestehen hat, während in Italien, insbesondere in Rom, dieses Problem gar nicht existiert.
In der Tat rutscht die Religiosität der italienischen Katholiken nicht selten in
Gleichgültigkeit ab, degradiert zu einer recht diffusen Zustimmung, was eine
beklagenswerte Desinformation über die Natur des Glaubens, über seine Grundsätze nach
sich zieht.
New York. Der italo-amerikanische Anthropologe Robert A. Orsi berichtet in seiner
Studie The Madonna of 115th Street. Faith and Community in ltalian Hartem, 1880-1950,
dass es noch bis vor wenigen Jahrzehnten üblich war, bei der Feier der Madonna del
Carmine (16. Juli) Frauen zum Altar zu ziehen, die dabei mit der Zunge den Fußboden
lecken mussten. Eine auch von vielen Katholiken als abstoßend empfundene Praxis.
In der 115. Straße von Manhattan gab es - und gibt es noch - eine Kirche, die Our Lady
of Mount Carmel heißt. Viele Jahre lang hat sie der primitiven Religiosität Obdach
gewährt, die viele italienische Immigranten, vor allem aus dem Mezzogiorno, mitgebracht
hatten. Dabei handelte es sich um einfache Leute, häufig Analphabeten, von denen
manche, die gerade erst in Ellis Island gelandet waren und ermüdende, nicht selten
erniedrigende Einwanderungsprozeduren hinter sich hatten, voller Naivität davon
überzeugt waren, dass die Straßen in New York mit Gold gepflastert seien. In der harten
Wirklichkeit waren sie zu den undankbarsten Arbeiten verdammt: Straßenbau, Aushub
von Metro-Tunneln, Müllabfuhr, Wolkenkratzerbau. Der italo-amerikanische Schriftsteller
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