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überrascht, dass der Unglückskapitän der ‹Costa Concordia› Italiener ist?» Um von dort
zur Euro-Krise überzuleiten, die sein eigentliches Thema war: «Was passieren kann, wenn
man aus politischen Gründen von der Psychologie der Völker absieht, zeigt die
Währungskrise.»[ 13 ]
Vor vielen Jahren habe ich in Straßburg Wolfgang Schäuble, damals Innenminister im
Kabinett von Helmut Kohl, mit großer Überzeugung sagen hören (ich zitiere aus dem
Gedächtnis): Wir Deutschen brauchen Europa, wir müssen Teil einer übernationalen
Struktur sein, die imstande ist, den Dämon im Zaum zu halten, der unser Volk immer
wieder erschüttert.[ 14 ]
Die Italiener haben sich nie als tragisches Volk gesehen, weil ihnen bewusst ist, dass sie
aus einem anderen Holz geschnitzt sind. Wir mögen die Tragödie nicht, und nicht zufällig
sind in Italien, vom eifrigen Alfieri[ 15 ] einmal abgesehen, niemals Tragödien geschrieben
worden. Mario Praz hat auf ein kurioses Paradox hingewiesen, dass nämlich ein Großteil
der Tragödienstoffe Shakespeares und der übrigen Elisabethaner italienischen Chroniken
entlehnt sind, neu interpretiert allerdings durch ihr Metrum und ihre Perspektive. In der
Tosca klagt der Maler Mario Cavaradossi zwar kurz vor seinem Tod: «L'ora è fuggita … io
muoio disperato» - «Verflogen ist die Stunde … ich sterbe in Verzweiflung!» Doch ist seine
Klage eine Arie, und Puccinis vibrierende Pathetik reicht nicht aus, um dieser
Verzweiflung die Dimension einer wahren Tragödie zu verleihen.
Ganz ohne politische Schärfe, lediglich der anthropologischen Vollständigkeit halber
möchte ich hinzufügen, dass es sich in keinem anderen Land der Welt ein Regierungschef
herausgenommen hätte, mit vom Schönheitschirurgen frisch gestrafftem, mit Film-Make
up zugespachteltem Gesicht, falschen Haaren und orthopädisch erhöhten Absätzen
öffentlich aufzutreten: wie eine Maske aus dem Melodram oder ein Komiker aus dem
Schmierentheater. Überall auf der Welt hätte er sich der Lächerlichkeit preisgegeben. In
Italien dagegen hat genau das Berlusconi lange Zeit den Sieg gesichert.
Die kurzen Monate der Sozialrepublik Italien im Jahre 1943, des sterbenden Faschismus
 
 
 
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