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Art gekleideten Rabbiner tanzten, was die jüdischen Bürger in noch größeren Schwung versetzte.[ 17 ]
Im Triumph wurden die «demolierten» Tore auf die Piazza del Ghetto nuovo getragen,
dort wurden sie im Beisein der Nationalgarde zertrümmert und «mit Freudenschreien dem
Feuer übergeben, das sie rasch verzehrte».[ 18 ] Niemand wusste in diesen Julitagen, dass
das Schicksal der Republik in Wahrheit bereits vom ersten, drei Monate zuvor in Leoben
unterzeichneten Abkommen zwischen Frankreich und Österreich besiegelt war. Um diese
unbändige Freude auszulösen, reichte die Gewissheit, dass die Epoche der Diskriminierung
abgeschlossen war und ein neues Leben begann.
Mit dieser Hoffnung hatten die jubelnden Bewohner des Ghettos Recht, zumal dieser
Zustand andernorts noch nicht verwirklicht war, wie es der Bürger Massa, Vorsteher der
Società patriottica, anprangerte: «Die Juden sind aus Neapel verbannt worden. … In Rom
sind sie dann beleidigt und ungestraft verhöhnt worden. … In Rom werden die Juden wie
Vieh auf dem Markt gezeichnet. … Dank an den unsterblichen Bonaparte, der die Wurzeln
der italienischen Sklaverei ausriss!»[ 19 ] Als er seine Begeisterung herausschrie, wusste der
Bürger Massa wahrscheinlich noch nicht, dass die französischen Besatzer als eine der
ersten Maßnahmen neue Steuern in Höhe von insgesamt 870.000 Dukaten erheben
würden, ein Viertel davon zu Lasten der Juden.
Am 17. Oktober trat der Vertrag von Campoformio in Kraft, die österreichischen
Truppen hielten Einzug in die Stadt und lösten das französische Kontingent ab, von dem
niemand so recht wusste, ob man es als Besatzungs- oder Befreiungstruppe bezeichnen
sollte. Es dauerte nicht lange, und die Dinge änderten sich ein weiteres Mal. Bereits im
Januar 1798 verloren die Juden ihre rechtliche Gleichstellung gegenüber den übrigen
Staatsangehörigen wieder und mussten, diesmal vonseiten der Österreicher, erneut
Beschränkungen hinnehmen. Auf jeden Fall aber kam es nie wieder zur Erniedrigung
durch verriegelte Tore vom Einbruch der Dunkelheit bis zum Morgengrauen.
Der Ruhm Venedigs verblasste, wie immer, aufgrund politischer Kurzsichtigkeit und der
Unzulänglichkeit der Kräfte, aber auch der Menschen. Die Machthaber der Serenissima
 
 
 
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