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zu geben. Die Beziehung der beiden stand unter keinem guten Stern, und als Bruno
ankündigte, er wolle die Stadt verlassen, lief Mocenigo beleidigt zum Kirchentribunal und
denunzierte ihn. Er behauptete, der Philosoph habe geflucht, missachte die Religion,
glaube nicht an die Dreifaltigkeit, dafür aber an die Ewigkeit der Welt und an die Existenz
unendlicher Welten, er praktiziere Zauberei, leugne die Jungfräulichkeit Marias etc. Noch
am selben Abend wurde Bruno verhaftet und ins Gefängnis gesperrt. Er nahm wohl an, er
käme glimpflich davon, aber im Zeichen des bevorstehenden Heiligen Jahres begann
Rom, sich für den Fall zu interessieren. Dorthin wurde Bruno überführt, um ihm erneut
den Prozess zu machen. Am 17. Februar 1600 wurde er auf dem Campo de' Fiori
verbrannt.
Ein weiteres Problem waren die Konversionen. In Rom waren die Zwangskonversionen
von Juden gängige Praxis, in Venedig aber konnten nicht dieselben, bisweilen brutalen
Methoden angewendet werden wie in der Papsthauptstadt, das hätte die Regierung der
Republik nicht gestattet. Die Juden wurden im Allgemeinen aber auch nicht als Ketzer
betrachtet, von einigen Sonderfällen abgesehen. Zum Beispiel setzte ein Dekret Bonifatius'
VIII. fest, dass erst ein zum Christentum konvertierter, also getaufter Jude, der wieder
zum Judentum zurückkehren wolle, als Häretiker betrachtet und als solcher behandelt
werden sollte. Während in Rom die Nötigungen zur Konversion weitergingen,
einschließlich der - von Schweizergarden überwachten - für Juden obligatorischen
Predigten im Haus der Katechumenen, vermied man in Venedig diese Art von
Bekehrungsversuchen der Juden zum Katholizismus - entsprechend selten waren
Konversionen, wenngleich in manch einem Fall spektakulär.
Aufsehen erregte die Taufe des Sohnes von Asher Meshullam, dem Ghetto-Vorsteher, in
der Frari-Kirche. Es gab eine feierliche Zeremonie, bei der der Neukonvertit mit allen
Ehren und großem Pomp empfangen wurde. Das war jedoch ein außergewöhnlicher Fall,
im Allgemeinen wurden solche Ereignisse mit großer Diskretion behandelt. Es fehlte aber
auch nicht an peinlichen Fällen von kalkulierter Konversion, für die im Gegenzug Almosen
erwartet wurden. So geschehen einem jungen, in Not geratenen Juden, der sich insgesamt
viermal - zweimal in Venedig, außerdem in Ravenna und Modena - taufen ließ. Im
Inquisitionsprozess gestand er: «Ich habe mich taufen lassen, weil meine Kleidung