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feindselige Beziehungen handelte, um solidarische Freundschaften, Allianzen oder
Rivalitäten, um Eifersüchteleien oder nicht selten auch Zank und Streit. Das Ganze
verkompliziert durch das schwierige Verhältnis zur christlichen Stadt und den
Würdenträgern der Kirche. In Venedig war die Atmosphäre insgesamt entspannter als in
Rom oder in den päpstlichen Territorien. Es blieb aber verbreitete Annahme, dass die
Stadt mit Gottes Hilfe gegründet worden und ihr geschäftlicher und militärischer Erfolg
auch weiterhin vom göttlichen Wohlwollen abhängig sei, was dem Klerus einen
beträchtlichen Einfluss auf die Angelegenheiten der Bürger verschaffte.
Die Regierung der Republik hatte immer versucht, eine liberale Unabhängigkeit zu
erhalten und ein offenkundiges Untertanenverhältnis zum Papsttum, wie es in anderen
Territorien der Halbinsel vorherrschte, zu vermeiden. Doch nicht einmal Venedig konnte
die Feindseligkeit der Kirche gegenüber den Juden vollständig ignorieren, vor allem in
solchen Zeiten nicht, in denen die Serenissima gezwungen war, politische oder
militärische Allianzen mit Rom einzugehen.
Als 1542 jener große Komplex der Neufassung vieler Normen und Lehren vorbereitet
wurde, der später unter dem Begriff «Gegenreformation» zusammengefasst werden sollte,
hatte Papst Farnese (Paul III.) der Inquisition mit der berüchtigten Bulle Licet ab initio
einen neuen Schub verliehen. Fünf Jahre später kam durch Dekret des Dogen das
Kirchentribunal auch in der Lagune an, unter der Leitung des päpstlichen Gesandten, des
Patriarchen und eines Franziskaners, der, obgleich er den Eid auf die Gesetze der
Republik schwören musste, der eigentliche Inquisitor war. Nach 1560 ging die
Amtsführung an die Dominikaner über. Die Franziskaner-Prediger waren im Übrigen die
eifrigsten, wenn es um die Forderung ging, Gottes Wohlwollen gegenüber der Stadt durch
Buße zurückzugewinnen, wobei nach ihrer Ansicht eine der schlimmsten Sünden darin
bestand, den Juden exzessive Freiheit gewährt zu haben.
Die Reaktion der Kirche auf Luthers Reformation und die neuen päpstlichen
Gegenmaßnahmen stärkten die Macht der Inquisition auch gegenüber den «Häretikern».
Das musste gegen Ende desselben Jahrhunderts der Philosoph Giordano Bruno am eigenen
Leibe erfahren, der sich 1592 in Venedig niedergelassen hatte, um einem gewissen
Giovanni Mocenigo, einem venezianischen Kleinadeligen, Lektionen in «Mnemotechnik»
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