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Vorschrift, dass in jedem Ghetto nicht mehr als eine Synagoge stehen durfte; das Verbot
von Immobilienbesitz; die Verpflichtung zu einem äußerlichen Erkennungszeichen; das
Verbot, christliche Bedienstete einzustellen; die Genehmigung zur Ausübung einer nur
begrenzten Anzahl an Handwerken, darunter wieder einmal der Handel mit gebrauchter
Kleidung und der Geldverleih. Papst Pius V. (Antonio Ghislieri), einer von Pauls
Nachfolgern, der von 1566 bis 1572 regierte und für seinen Antijudaismus bekannt war,
empfahl allen Nachbarstaaten die Einrichtung von Ghettos. Eine Empfehlung, der man
allerorten umgehend nachkam, ausgenommen in Livorno und Pisa.
In Rom blieben die meisten dieser Anordnungen lange Zeit in Kraft. Unter den vielen
bezeichnenden Geschichten dazu kann man den Fall Amedeo Modiglianis anführen, der
wegen eines Missgeschicks seines Urgroßvaters 1884 in Livorno geboren wurde. Viele
Jahre zuvor hatte sich die Familie Modigliani in der Stadt des Papst-Königs
niedergelassen, weil man sich in der lebhaften Handelsmetropole Rom bessere Geschäfte
versprach. Amedeos Vorfahre, ein vermögender Mann, vielleicht Bankier, wahrscheinlich
Betreiber eines Pfandleihhauses, hatte Gelegenheit, einem bedeutenden Kardinal in
finanziellen Nöten Geld zu leihen und ihm damit aus einer schwierigen Situation zu
helfen. Die Angelegenheit ließ sich so sehr zur beiderseitigen Zufriedenheit regeln, dass
der unbesonnene Modigliani glaubte, er könne trotz des päpstlichen Verbots den Erlös des
Geschäftes in einen Weinberg in den Albaner Bergen investieren. Als die Sache ruchbar
wurde, befahlen die Männer der Kurie dem unverschämten Juden unter Androhung
schwerster Sanktionen, das Grundstück unverzüglich wieder abzugeben. Einen
Kirchenfürsten vor Pleite und Schande bewahrt zu haben, war keine ausreichende
Voraussetzung für den Erwerb von Grund und Boden. Zähneknirschend musste Modigliani
gehorchen, scharte aber verärgert und beleidigt sofort seine Familie um sich und zog mit
Sack und Pack von Rom nach Livorno. Ferdinand I. (1587-1609), Großherzog der
Toskana, Förderer der Künste und der Wissenschaften, ein kluger Herrscher, der vom
Wunsch beseelt war, diese herrliche Bucht zu urbanisieren und zu bevölkern, hatte
Livorno in eine Art Freihafen verwandelt, in den er jeden einlud, der sich dort ansiedeln
wollte, politische und religiöse Asylanten eingeschlossen. Die jüdische Gemeinde Livornos
erfreute sich denn auch eines gewissen Wohlstands, wie es unter anderem die Pracht ihrer
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