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geöffnet, zwei (von den Juden bezahlte) Boote patrouillierten nachts in den äußeren
Kanälen und stellten die Überwachung sicher.
Und doch hatte die Maßnahme in ihrer praktischen Umsetzung auch ihr Gutes.
Immerhin war ein Viertel geschaffen worden, in dem Juden ansässig werden konnten, und
allein dies war schon eine Anerkennung, wenn nicht sogar ein Privileg. Innerhalb dieser
Umzäunung konnten die Juden ungestört ihre Feste und Gottesdienste feiern, ohne die
ständige Angst vor Angriffen und in Sicherheit vor den Hasspredigten, die so oft von den
Kanzeln ausgegangen waren. Das Areal war klein und wurde für die ständig zunehmende
Zahl der Bewohner immer enger (wie man noch heute aus der vertikalen Ausdehnung der
Wohnhäuser schließen kann), es war aber ein geschützter Raum. Vor
Plünderungsversuchen geschützt waren auch die Banken und die Ladengeschäfte. Ein
Übriges bewirkte der politische Pragmatismus der Venezianer, der dazu führte, dass die
Restriktionen mit einer gewissen Elastizität gehandhabt wurden, nicht zuletzt weil die
Tätigkeit der Bankiers unverzichtbar war, um zu vernünftigen Zinsen Geld zu bekommen:
«Für die armen Leute gibt es keinen Monte di Pietà,[ 7 ] wie es in anderen Ländern üblich
ist», präzisiert eine Chronik. Der Oberste Prokurator (und spätere Doge) Antonio Grimani
wird wenig später offen aussprechen, dass «die Juden» nicht nur «notwendig sind, um den
armen Leuten unter die Arme zu greifen», sondern dass sie «uns in diesem Krieg zu
ziemlich viel Geld verholfen haben». In der Tat, zu ziemlich viel Geld werden die Juden
der Republik auch weiterhin verhelfen, mit einer Reihe von Zwangs-«Anleihen», die ihnen
für all die vielen Kriege, in die die Serenissima involviert ist, immer wieder auferlegt
werden.
Auch Marin Sanudo, ein Politiker und aufmerksamer Chronist, unterstreicht in seinen
unüberschaubar vielen «Tagebüchern» (mehr als 58 Bände!) den sozialen Nutzen der
Geldverleiher: «Ich hätte gern das Wort ergriffen, nicht um über die Kinder Israels zu
sprechen und über die Betrügereien, die sie beim Geldverleih gegen Zinsen begehen,
sondern … um zu zeigen, dass die Juden in einem Land so dringend gebraucht werden wie
 
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