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auskotzt. Er fordert Antonios Fleisch in der vertraglich festgesetzten Menge ein; nicht
einmal das Doppelte oder Dreifache der vereinbarten Garantiesumme könnte ein Ersatz
sein für dieses Pfand, das keinen ökonomischen Wert hat, sondern eine reine
Wiedergutmachung darstellt, ein Schmerzensgeld. Der Doge wird sich der Anwendung des
Gesetzes nicht verweigern können. Die Sache wird schließlich ein ganz anderes Ende
nehmen, und der Konflikt löst sich in einem beinahe glücklichen Ende auf. Im Geflecht
der Handlung mit ihren verschiedensten Personen und Situationen beeindruckt die Fülle
von präzisen historischen Bezügen, die den Hintergrund für das Geschehen bilden,
angefangen bei der Dimension des Seehandels der Serenissima Repubblica. Die absolute
Notwendigkeit zur Einhaltung der Gesetze entspringt nämlich genau dieser Position als
Handels- und Seemacht: Wenn Venedig das Wort gegeben hat, muss sich, damit der
Handel weiter floriert, jeder darauf verlassen können.
So erwartet Antonio, der Reeder und Seehandelskaufmann, die Rückkehr seiner Schiffe
aus fernen Ländern, «… er hat eine Galeone, die auf Tripolis geht, eine andre nach Indien.
Ich höre ferner auf dem Rialto, dass er eine dritte zu Mexiko hat, eine vierte nach
England.»[ 3 ] Ein Hinweis auf das Ausmaß der Vernetzung im 16. Jahrhundert, in dem das
Drama spielt, als Venedig eine wichtige Rolle in der Weltpolitik innehat und auf dem
Gipfel seiner Prosperität und seines Ruhmes ist. Und zu einem Gutteil waren es die Juden,
die durch ihren geschickten und erfinderischen Umgang mit Geld zu diesem Wohlstand
beigetragen haben. Damit handelten sie sich zwar den Ruf von Wucherern ein, in
Wirklichkeit aber nahmen sie im Auftrag der Republik eine essentielle Aufgabe wahr.
Auf die eine oder andere Art und Weise ist immer und überall auf der Welt Geld
verliehen und geliehen worden, auch vor der Erfindung der Banken. Vor den Banken im
heutigen Sinne gab es die banchi, die Tische der Geldwechsler, an denen man gegen Pfand
oder Schuldscheine Geld leihen konnte, zu einem Zinssatz, der umso günstiger war, je
mehr Garantien man vorzuweisen hatte. Die Erfindung des Kreditwesens gehört zu den
italienischen Glanzleistungen des 15. Jahrhunderts. Die Schecks, die Frachtbriefe, die
Schuldverschreibungen, die Wechsel waren Innovationen, die den Handel beschleunigten
und das Risiko verminderten, auf meist abenteuerlichen Reisen riesige Geldmengen
mitführen zu müssen. Es waren die Vorläufer unserer heutigen Kreditkarten.
 
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