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die Gezeiten nicht mehr bemerkbar sind. Hier leben heute nur noch einige Dutzend
Menschen. Die flache Silhouette der wenigen Wohnhäuser ist von einem hohen Campanile
und dem Koloss der Kirche Santa Maria Assunta unterbrochen. Nähert man sich der Küste
an Bord eines Bootes, sieht man schon von weitem diese beiden isolierten Erhebungen,
die das homogene Profil der Dächer und einer niedrigen Vegetation durchbrechen. Es
herrscht eine große, nur durch das regelmäßige Tuckern des Dieselmotors beeinträchtigte
Ruhe, während der Rumpf des Bootes über das stehende Gewässer gleitet, über die
Büschel der Sumpfgewächse streift, und man an vielen Stellen bis zum sandigen Grund der
Lagune schauen kann. Schon auf den ersten Blick lassen diese beiden inmitten einer
unauffälligen Umgebung sehr imposanten Bauwerke erkennen, was für eine
Ausnahmeerscheinung sie seit ihrer Grundsteinlegung vor mehr als zehn Jahrhunderten
bis heute sind. Der Bau der später mehrfach umgebauten und restaurierten Kathedrale
geht auf das Jahr 640 zurück; sie ist ein weiteres der unzähligen Kulturdenkmäler eines
Landes, das den Lauf der Geschichte in jedem hintersten Winkel mit einem Wunderwerk
wie diesem markiert hat.
Das Jüngste Gericht nimmt die gesamte innere Wand der Kirchenfront ein. Um es zu
betrachten, muss man mindestens bis zur Hälfte des Hauptschiffes gehen und sich dann
zum Eingangsportal umdrehen. Da ist der Tod Jesu, nach byzantinischer Tradition vor der
Auferstehung direkt gefolgt vom Abstieg in die Unterwelt, da sind die mit sehr langen
Lanzen bewaffneten Racheengel, die die Verdammten in die Flammen der Hölle treiben.
Über ihnen thront (wie in Padua) ein riesiger Hades, der einen zarten Jüngling auf dem
Arm hält. Hades ist König im Reich der Toten, der Hades ist aber auch der Ort der ewigen
Verdammnis. In der Basilika verkörpert Hades den Antichristen, der durch seine
unschuldige Erscheinung die Menschen täuscht. Auch hier gibt es wieder das Bild eines
Engels, der den Sternenhimmel einrollt und damit den Schlussstrich unter die gesamte
Schöpfung setzt.
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