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zugleich unentdecktesten Orte Roms. Giotto arbeitete in Padua zwischen 1303 und 1305;
in Rom hatten im 13. Jahrhundert byzantinische Meister in der kleinen Kapelle dem Papst
einen Freskenfries mit der (gefälschten) Geschichte der Donazione di Costantino
(Konstantinische Schenkung) gemalt, der juristischen Grundlage für die weltliche Macht
der Kirche. Ihre Fresken sind eine Art politisches Manifest, Zeugnis einer Machtabtretung
vonseiten des Kaisers, die es nie gegeben hatte. Auch im Oratorium des Hl. Silvester
wiederholt sich die Szene: Christus auf dem Thron, an seiner Seite die Madonna und
Johannes der Täufer, in der Höhe zwei Engel: Der erste bläst die Posaune des Gerichts,
der andere rollt den Sternenhimmel ein, um zu zeigen, dass alles zu Ende ist.
Natürlich ist Giottos Arbeit von ganz anderem Niveau und von sehr viel größerer
Komplexität. Unten links am Fuße des Kreuzes sieht man den Auftraggeber Enrico
Scrovegni, der der Madonna ein Modell des Gebäudes übergibt, das er hat erbauen lassen,
um die Schandtaten seines Vaters Reginaldo zu sühnen. Dieser war ein allseits so
bekannter Wucherer, dass Dante ihn sogar in die Hölle schickt. Auch Giotto hat ihn den
Flammen übergeben, unten rechts sieht man, wie Reginaldo in eine schauerliche Höhle
eintritt, so etwas wie den Stollen eines Ameisenhaufens, und damit schnurstracks in die
ewige Verbannung stolpert. Hinter ihm her schreitet ein Diener mit einem Sack auf den
Schultern, der prall gefüllt ist mit seinen Reichtümern. In einem Gesamtbild voller
Verweise auf das irdische Leben und das Leben post mortem , von Bezügen auf die Schriften
und die Prophezeiungen, auf bewegende und tragische Ereignisse, ist dieser kleine
realistische Anstrich fast schon rührend: der Reiche, der versucht, einen Sack voller Gold
mit ins Jenseits zu nehmen. Man kann sich leicht vorstellen, wie der Teufelswächter
wenige Schritte weiter, beim Überschreiten der schicksalhaften Schwelle, alles
beschlagnahmen und mitsamt seinem Besitzer in die ewigen Flammen werfen wird.
Ein weiteres Jüngstes Gericht ist in einem byzantinischen Mosaik der Basilika auf der
Insel Torcello dargestellt. Spektakulär, suggestiv und sehr bewegend. Die Insel liegt in der
laguna morta von Venedig, da, wo das Salzwasser mit dem Süßwasser zusammentrifft und
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