FRANZISKUS DER ERNEUERER - Die Geheimnisse Italiens - page 123

bewegend sind seine letzten Tage. Mit vierundvierzig war er ein noch relativ junger
Mann, selbst für die Maßstäbe seiner Zeit, doch ließ ihm die Krankheit keine Atempause,
und seine Erschöpfung wurde durch ein spirituelles Leiden verschärft, das vielleicht noch
viel grausamer war als seine physischen Qualen. Außerdem versuchte er, mit einem
glühenden Eisen das Trachom kurieren zu lassen, mit dem einzigen Ergebnis, dass er sich
einen Teil des Gesichtes verbrannte, selbstverständlich ohne die geringste heilende
Wirkung für seine Augen.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1226 hauchte er, auf dem nackten Erdboden
liegend, sein Leben aus und wurde zur Legende.
Das heute dominierende kitischige Franziskus-Bild wird der gewaltigen Durchschlagskraft
seiner Botschaft nicht gerecht. Ein Echo davon findet man heute noch in der
Franziskanischen Gemeinschaft von Assisi, in ihren Initiativen zu einer dem Frieden
verpflichteten Aufnahme aller sowie der Begegnung zwischen völlig verschiedenen
Menschen.
Im Juni 1939 (Zehnjahresfeier der Lateranverträge) hat Papst Pius XII. Franziskus zum
Schutzpatron Italiens erklärt und ihm mit einem berühmten Wortspiel, mehr oder weniger
zufällig, unterstellt, auf einer Linie mit dem herrschenden Regime zu sein: Er sei der
italienischste aller Heiligen und der Heiligste aller Italiener. Auch Benito Mussolini hat
versucht, die Figur dieses Armen, der in einem ebenso armen Land sehr populär geworden
war, dem Faschismus einzuverleiben. In seinem Messaggio francescano (Franziskanische
Botschaft) schrieb er - mit Bezug auf Franziskus' Reise nach Ägypten - die unbeholfene
Eloge:
Das Schiff, das den Herold der unsterblichen Botschaft in den Orient bringt, macht sich auf dem sicheren Bug
das Schicksal der italienischen Rasse zu eigen, die wieder auf den Weg der Väter zurückkehrt. Und die
Anhänger des Heiligen, die sich nach ihm in Richtung Levante begaben, waren Missionare Christi und
Missionare des italienischen Nationalcharakters zugleich.[ 19 ]
Katholiken und Nicht-Katholiken können sich in einer weiteren Hinterlassenschaft
Franziskus' begegnen: im poetischen Geist, der vom Cantico (o Lodo) delle Creature