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abzufinden. Es war offensichtlich, dass dieser Sohn inzwischen für die Familie und die
Welt verloren war, seine Welt zumindest. Also zeigte er ihn beim Bischof an, und es kam
zu einer Art Prozess. Als Franziskus vor den Richtern erschien, hörte er den Befehl:
«Erstatte deinem Vater alles Geld zurück, das sich in deinem Besitz befindet … Gott will
nicht, dass du den Verdienst deines Vaters zum Wohl der Kirche ausgibst.»
Daraufhin kam es zu der berühmten Szene, die immer wieder erzählt und kommentiert
worden ist und die zuerst von Giotto in den Fresken der Basilika von Assisi dargestellt
wurde, die wir etwa auf 1306 datieren können. Franziskus erstattet nicht nur das Geld
zurück, sondern restlos alles: alle Gegenstände, die gesamte Kleidung einschließlich der
Unterhosen, und oben auf den Haufen mit seinen Kleidern legte er das ganze Geld.
In den Worten Thomas von Celanos:
Ohne sich einen Augenblick zu besinnen, ohne ein Wort zu sagen, ohne auf einen Befehl zu warten, legt er
sofort alle Kleider ab und übergibt sie dem Vater. Nicht einmal seine Unterkleider behält er, sondern entledigt
sich ihrer vor allen Anwesenden. - Da erkannte der Bischof den Geist, der ihn trieb, und erstaunt über seinen
Eifer und seine Standhaftigkeit erhob er sich schnell, umarmte ihn und bedeckte ihn mit seinem eigenen
Mantel. Konnte er zweifeln, dass hier ein göttlicher Plan obwaltete? Die Tat des Gottesmannes, die er schaute,
war ihm das Zeichen eines Geheimnisses.[ 5 ]
Dabei ist die Tat im Grunde gar nicht so geheimnisvoll. Abgesehen von dem Anfall von
Stolz und einer gewissen nervlichen Fragilität, die dieses radikale Verhalten verrät, ist
offenkundig, dass seinem Auftritt in dieser Situation auch eine symbolische Bedeutung
innewohnt. Franziskus steht nackt und bloß vor dem Bischof, wie im Augenblick seiner
Geburt, damit seine Entkleidung als das erscheint, was sie in Wahrheit sein will: eine
komplette, totale Wiedergeburt.
Der Geist dieses unerhörten Verhaltens und des gesamten Lebens des historischen
Franziskus machen die Entscheidung von Kardinal Jorge Bergoglio so bedeutungsvoll, sich
nach seiner Wahl zum Papst als Souverän des Vatikanstaates den Namen des Heiligen von
Assisi zu geben. Ein einfacher Name, das lateinische Franciscus, ohne den Zusatz des
«Ersten» - in Italien wird der Papst nur Francesco genannt. Auf diese Weise wollte
Bergoglio sicherstellen, dass die nachgestellte Ordnungszahl erst dann verwendet wird,
 
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