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diesem Tag ging in die Tausende.
Assisi habe ich noch nicht erwähnt, denn genau dorthin wollen wir jetzt kommen. Der
Blick vom Tal aus ist beeindruckend, weil sich Assisi in Stufen erhebt. Die Stadt ist
terrassenförmig auf einen Felsrücken des Monte Subiaso gebaut, und man hat dort,
ähnlich wie in Jerusalem, unmittelbar das Gefühl, an einem außerordentlichen Ort
angekommen zu sein. Das bewirken die Farben, die Konturen, der Kontrast zwischen
Bergen und Himmel, die mächtigen Pfeiler des Heiligen Konvents, die mit ihren Arkaden
die darüberliegenden Bauwerke stützen: Häuser, Kuppeln, Kirchtürme, Basiliken.
Als Giovanni Bernardone, der Sohn von Pietro, auf die Welt kam, schrieb man das Jahr
1182. Die Landschaft sah natürlich anders aus, die Wälder waren dichter, die
Ansiedlungen dünner gesät. Identisch aber müssen die Klarheit der Luft, die
Farbschattierungen vom polierten Weiß des Rocca maggiore zum gelegentlich ins
Schwärzliche übergehenden Grün der Felder und Wälder, das intensive Blau des
Sommerhimmels gewesen sein.
Giovannis Leben ist schon unzählige Male erzählt worden, die wichtigsten Ereignisse
und Stationen sind also bekannt. Unerschlossen bleibt aber die Faszination seiner
Persönlichkeit, von der eines der gewaltigsten und ergreifendsten Rätsel der menschlichen
Natur ausgeht. Seine Mutter hatte ihm den Namen Giovanni, also Johannes, gegeben, der
Vater bestand darauf, ihn Francesco zu nennen, den «Franzosen», eine Huldigung an die
Gegend in der Provence, mit der er Handel trieb. Durch den Verkauf von Stoffen war
Pietro Bernardone sehr reich geworden. Möglicherweise stammte Donna Pica, die Mutter,
von dorther. Noch im Erwachsenenalter benutzte Francesco gelegentlich seine schöne
Stimme, um Französisch zu singen.
Reiche Familie und sorgenfreie Jugend also mit allen Zerstreuungen und Vergnügungen,
die die Zeit, die Gesellschaft und der Ort zu bieten hatten. Mit zwanzig nahm Francesco,
Franziskus zu Deutsch, am Krieg zwischen den Städten Perugia und Assisi teil, guelfisch
(päpstlich) die eine, ghibellinisch (kaiserlich) die andere.[ 1 ] Er war kein großer Kämpfer,
 
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