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deutschen Soldaten. Zu den Fällen von terroristischer Grausamkeit gehörte die kaltblütige
Erschießung eines jungen Seemanns auf der Außentreppe der Universität vor Hunderten
von Menschen, die dazu gezwungen wurden, der Hinrichtung beizuwohnen. Die
Sabotageaktionen waren zwar vereinzelt und planlos, hörten aber nicht auf; von deutscher
Seite ging es mit den willkürlichen Exekutionen, den Säuberungen und den Plünderungen
weiter. Oberst Scholl, in seiner Uniform verhärtet und ohne jedes psychologische Gespür,
reagierte auf die schlimmstmögliche Weise. Am 22. September ordnete er die sofortige
gewaltsame Räumung aller Stadtviertel in einem Streifen von 300 Metern von der Küste
ins Festland an. Innerhalb weniger Stunden mussten Tausende Menschen ihre Häuser
verlassen - man kann sich gut vorstellen, in welcher Gemütsverfassung. Wenige Stunden
später befahl der Präfekt allen Männern zwischen achtzehn und dreiunddreißig Jahren,
sich umgehend zu melden, um beim Ausbau deutscher Verteidigungsstellungen quer durch
Italien bzw. zur Zwangsarbeit in deutschen Rüstungsfabriken eingesetzt zu werden.
Praktisch eine Massendeportation. Wer Widerstand leistete, wurde erschossen. Es ließen
sich aber nur wenige hundert von insgesamt geschätzten 30.000 registrieren.
Am 27. September zwangsrekrutierten die Deutschen ungefähr achttausend Männer -
aber an diesem Punkt explodierte die aufgestaute Verbitterung. Einige hundert Menschen,
die sich aus Waffen- und Munitionsdepots bedient und bewaffnet hatten, eröffneten den
Kampf, der bis zum 30. des Monats mit Straßenkämpfen, Scharmützeln, improvisierten
Stadtguerilla-Methoden weitertoben sollte. Menschen aller sozialen Schichten, Ärzte,
Priester, junge Mädchen, Studenten, sogar scugnizzi, die berühmten neapolitanischen
Gassenjungen, gingen auf die Straße, getrieben von Elend, Hunger, Angst und dem festen
Willen, diesem Alptraum mit allen Mitteln ein Ende zu bereiten. Zu den Menschen aus
dem einfachen Volk und aus dem Bürgertum gesellten sich nach dem 8. September
versprengte Soldaten.[ 9 ] Diejenigen, die gefangen genommen und zur Deportation
bestimmt waren, wurden befreit. Es gab weder Direktiven noch überhaupt Kontakte zu
den organisierten Partisanenformationen, der Kampf war umfassend, spontan,
leidenschaftlich, in den meisten Fällen von Menschen aus dem Volk geführt,
selbsternannten Kommandanten von Hausgemeinschaften, Straßen, Vierteln.
Trotz der Überlegenheit der deutschen Seite bei Bewaffnung, Panzerwagen und
 
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