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Eisenbahnverbindung durch den Norden und Nordosten fertigstellen, um So-
ja und Mineralien aus dem Landesinneren an die Küste zu transportierten -
der Transport von Massengütern erfolgte in Brasilien immer noch in Lastwa-
gen über die Fernstraßen. Vor allem aber ging er ein Projekt an, das bereits Kai-
ser Pedro II. beschäftigt hatte: Um die Menschen im trockenen Nordosten mit
Wasser zu versorgen, wollte Lula den Rio São Francisco anzapfen. Der »Velho
Chico« (Alter Franz), wie die Brasilianer den Strom liebevoll nennen, hat für
das südamerikanische Land die gleiche mythische Bedeutung wie der Mississip-
pi für die USA: Er fließt durch mehrere Bundesstaaten des Landesinneren und
war jahrhundertelang die einzige Verkehrsverbindung zum Meer. Raddamp-
fer stampften früher durch seine Fluten, in den vergangenen Jahrzehnten war
der Fluss jedoch versandet; Abwässer und Industrieabfälle aus den anliegen-
den Städten verschmutzen das Wasser. Lula wollte einen Teil des Flusses in die
Dürregebiete des Nordostens umleiten, dafür mussten eine Reihe von Schleu-
sen und Kanälen gebaut werden. Insgesamt sollte das Vorhaben über drei Mil-
liarden Euro kosten und im Jahr 2020 fertig sein. »Wenn ich wiederkomme,
werde ich ein Glas Leitungswasser mit euch trinken«, versprach Lula den Be-
wohnern des »Sertão«, der Halbwüste im Landesinnern des Nordostens. Dazu
wird es frühestens in zehn oder fünfzehn Jahren kommen: Das Mammutpro-
jekt steckt wie mehrere andere Großvorhaben der Ära Lula im Sumpf der Re-
gierungsbürokratie und der Korruption fest. Lula war ein Meister der großen
Ankündigungen, doch oft blieb es bei den Versprechen.
Die meisten seiner Megaprojekte wurden vom Staat finanziert oder oblagen
der Verantwortung von Staatsunternehmen.
Lulas wichtigstes Instrument war die nationale Entwicklungsbank BNDES.
Sein Vorgänger Fernando Henrique Cardoso hatte die Bank vor allem zur Ab-
wicklung der Privatisierung von Staatsunternehmen eingesetzt; Lula dagegen
baute sie aus, um seinen Traum von der Wirtschaftsgroßmacht Brasilien zu fi-
nanzieren. Ihr Kreditvolumen war größer als das der Weltbank, mit ihren Mil-
liarden finanzierte sie von Firmenfusionen bis zu Staudämmen und Autofabri-
ken so ziemlich alles. Als die Folgen der Weltfinanzkrise 2008 auch Brasili-
en bedrohten, weitete die Regierung das Kreditvolumen der BNDES drastisch
aus, die Bank sprang notleidenden Unternehmen bei. So ging Brasilien relativ
robust aus der Krise hervor, das Wachstum erlitt nur einen vorübergehenden
Dämpfer.
Lula liebte grandiose Projekte und nationalistische Gesten.
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