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Im Jahr Oktober 2002 war er endlich an seinem Ziel angelangt. Mit 61,2 Pro-
zent besiegte er im zweiten Wahlgang seinen Gegner Jose Serra. Fast 53 Millio-
nen Menschen hatten für ihn gestimmt, ein Rekordergebnis. Als das Ergebnis
feststand, liefen seine Anhänger überall im Land auf die Straßen, jubelten und
grölten ihren Schlachtruf »Lula-la«.
Am 1. Januar legte Sozialdemokrat Cardoso seinem Nachfolger die gelb-grü-
ne Präsidentenschärpe um. Die Amtsübergabe war beispielhaft: Cardoso hatte
seine Minister angewiesen, Lula ein geordnetes Haus zu hinterlassen. Lula und
seine Frau Marisa fuhren im offenen Rolls-Royce zum Präsidentenpalast. Das
Auto hatte einst Getúlio Vargas als Staatskarosse angeschafft. Am Straßenrand
warteten Zehntausende, sie jubelten dem Präsidentenpaar zu, als der Wagen
vorbeifuhr.
Grund zur Freude hatten nicht nur die Armen: Lula hielt sein Versprechen,
er brach nicht mit der Sparpolitik seines Vorgängers. An die Spitze des Wirt-
schaftsressorts berief er den Arzt Antonio Palocci, der als Bürgermeister erfolg-
reich die Finanzen der Großstadt Ribeirão Preto saniert hatte. Als Präsidenten
der Zentralbank setzte er einen Ex-Chef der Bank Boston ein, Henrique Meirel-
les. Der betrieb eine eisenharte Hochzinspolitik, um die Inflation in Schach zu
halten.
Auch der damalige IWF-Chef Horst Köhler war von Lula beeindruckt, er
pries seinen Wirtschaftskurs als vorbildlich. Die Finanzmärkte belohnten Lula
mit üppigen Kapitalzuflüssen. Das Länderrisiko Brasilien fiel ebenso schnell,
wie es vor Lulas Wahl gestiegen war, und der Kurs des Real zum Dollar legte
kontinuierlich zu. Der Arbeiterpräsident erwies sich plötzlich auch für die Un-
ternehmer und Banker als Segen. Das hatte niemand vorausgesehen.
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