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Als die Guerilla ausgelöscht war, schickte die Regierung ihren Säuberungs-
spezialisten auf eine neue Mission: Curió sollte in der Goldmine Serra Pelada
Ordnung schaffen. In der Nähe des Rio Araguaia hatte ein Farmbesitzer auf ei-
nem Berg, der auf seinem Anwesen lag, Gold entdeckt. Der Fund erwies sich
als eine der ertragreichsten Minen aller Zeiten, einige Klumpen waren über ein
Kilo schwer. Rasch sprach sich die Nachricht im ganzen Land herum. Zehntau-
sende Brasilianer aus allen Landesteilen strömten zu dem Kahlen Bergzug, so
heißt »Serra Pelada« auf Deutsch. Über halsbrecherische Holzleitern und steile
Pfade drangen die Garimpeiros, wie die illegalen Goldsucher genannt werden,
immer weiter in den Berg ein. Der brasilianische Starfotograf Sebastião Salgado
verewigte das ameisenähnliche Gewimmel in epischen Schwarz-Weiß-Bildern.
Die Garimpeiros brachten Prostitution, Alkohol und Waffen in das abgelege-
ne Urwaldkaff. Täglich kam es zu Schlägereien, Morden und Schießereien. Cu-
rió räumte mit eiserner Hand auf: Dieben drohte er die Erschießung an, Alko-
hol wurde verboten, die Prostituierten zwang er, die Mine zu verlassen, sie ver-
legten die Bordelle in einen 20 Kilometer entfernten neuen Ort. Das Städtchen,
das rund um die Nachtclubs entstand, wurde zu seinen Ehren Curionópolis ge-
nannt.
Curió zog nach dem Ende der Diktatur als Abgeordneter in den Kongress ein,
zweimal wurde er zum Bürgermeister von Curionópolis gewählt. Für seine Ver-
brechen wurde er wie alle Folterknechte der Diktatur nie zur Rechenschaft ge-
zogen. Heute lebt er von einer stattlichen Pension in einem Mittelschichtsvier-
tel von Brasília. Die Überlebenden seiner Gewaltherrschaft wohnen verstreut in
Urwaldstädtchen im Amazonasgebiet. Noch über 40 Jahre nach dem schmut-
zigen Krieg gegen die Guerilla brach ein ehemaliger Waldläufer, der als Führer
für Curió gearbeitet hatte, in Tränen aus, als er mir von den Foltersitzungen er-
zählte. Curió bedrohte ihn und seine Familie, er zwang ihn per Folter, für ihn
zu arbeiten. Viele Anwohner der Region reden nur im Flüsterton über den Ge-
fürchteten, sie haben immer noch Angst. Er habe Spitzel in der Gegend, eines
Tages werde er womöglich zurückkehren.
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