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Vargas begründete 1937 den »Estado Novo«, der die alte Republik ablöste.
Er löste den Kongress auf und führte die Pressezensur ein. Gegen Regimegeg-
ner ging er brutal vor. Sein berüchtigter Polizeichef Filinto Müller ließ über 20
000 Menschen verhaften, denen regierungsfeindliches Verhalten vorgeworfen
wurde, viele wurden außer Landes getrieben.
Gleichzeitig gewann in den 1930er Jahren eine faschistische Gruppierung
an Zulauf, die sogenannten Integralisten. Ihr Begründer Plínio Salgado strebte
einen korporatistischen Staat nach dem Vorbild Mussolinis und Hitlers an, er
war von Hitlers Mein Kampf fasziniert. Statt brauner trugen Brasiliens Faschis-
ten grüne Hemden, den Hitlergruß »Sieg Heil« ersetzten sie durch das indiani-
sche »Anaué«, das heißt etwa »Seid gegrüßt«.
Am stärksten waren die Integralisten im Süden des Landes, wo sich viele
deutsche und italienische Einwanderer niedergelassen hatten. In Santa Catari-
na und Rio Grande do Sul teilten sie sich ihre Parteibüros mit der NSDAP, de-
ren Auslandsorganisation in Brasilien sehr aktiv war. 1938 versuchten die Inte-
gralisten Vargas zu stürzen, er schlug den Aufstand nieder. Auch ein Putschver-
such der Kommunisten im Jahr 1935 war erfolglos geblieben, er löste allerdings
eine gnadenlose Hatz auf alle Linken aus. Olga Benário, die jüdische Ehefrau
des Kommunistenführers Luiz Carlos Prestes, wurde 1936 auf Befehl von Filin-
to Müller in ihre deutsche Heimat deportiert, sie starb in den Gaskammern von
Auschwitz.
Der großbürgerliche jüdische Schriftsteller Stefan Zweig wurde von Vargas
dagegen mit allen Ehren empfangen und unterstützt. Zweigs Buch Brasilien:
ein Land der Zukunft , eine euphorische und stellenweise naive Huldigung an
die brasilianische »Rassendemokratie«, wurde an den diplomatischen Vertre-
tungen als Propagandamaterial verteilt.
Vargas war kein Faschist, aber seine Politik hatte antisemitische und rassis-
tische Züge. Bei der Visavergabe für Einwanderer wurden Juden oft zurückge-
wiesen, zugleich strebte die Vargas-Regierung die »Aufhellung« des brasiliani-
schen Volkes an, sie warb gezielt weiße europäische Einwanderer an. Auch Var-
gas strebte einen korporatistischen Staat an: Freie Gewerkschaften waren ver-
boten, alle Massenorganisationen wurden in den Staat eingebunden.
Außenpolitisch sympathisierte Vargas zunächst mit den Achsenmächten.
Aber er war auch ein Pragmatiker und Opportunist: Als deutlich wurde, dass die
Alliierten den Krieg gewinnen würden, näherte er sich den USA an. Nach dem
Kriegseintritt der USA 1942 machte Washington verstärkt Druck auf Brasilien,
seine Neutralität aufzugeben.
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