Travel Reference
In-Depth Information
»Die meisten Maria Chuteiras sind Edelprostituierte«, sagt Anwältin Nunes.
»Das wissen die Spieler genau.« Auch Torwart Bruno lud seine Fußballerkol-
legen oft zu Orgien in sein Wochenendhaus ein, Freund Macarrão organisierte
die Callgirls. Eine der Feten endete auf der Polizeiwache: Angeblich hatte sich
ein Spieler geweigert, zu bezahlen.
Bei einer von Brunos legendären Feten war auch Tänzerin Susana Pitelli da-
bei. 20 Männer und 12 Frauen vergnügten sich in dem Landhaus, die meisten
waren blond. Pitelli: »Die Männer hatten für die Party zusammengelegt, jedes
Mädchen bekam 1500 Real.« Sexuelle Dienste musste sie dafür angeblich nicht
leisten. »Sie boten eine große Summe, wenn ich mit ihnen ins Bett gehen würde,
aber das habe ich ausgeschlagen.«
Sie sagt, dass sie sich jetzt auf ihre Musiker-Karriere konzentrieren will, als
Maria Chuteira habe sie keine Zukunft. »Mit Fußballspielern läuft seit dem Fall
Bruno kaum noch was. Viele Mädchen haben Angst.«
Vor allem aber macht sich das Wild rar: Viele Fußballer lassen sich kaum
noch in Nachtclubs und Diskotheken sehen, für ihre Feten mieten sie lieber ver-
schwiegene Landhäuser und private Apartments.
Die Diskretion ist verständlich. Als erster Fanclub haben die Anhänger von
Atlêtico Mineiro eine Hotline für undisziplinierte Spieler eingerichtet: Wer
einen Atlêtico-Kicker bei Saufgelagen, beim Drogenkonsum oder mit Prostitu-
ierten sichtet, wird gebeten, den Partygänger zu denunzieren. Den Namen des
Sünders prangern die Fans auf ihrer Website an.
Derartig radikale Maßnahmen sind im anderen Volkssport Brasiliens nicht
nötig: Die Profi-Cowboys, die beim Rodeo mitmachen, sind meist sehr gläubig
und trinken kaum Alkohol. Sie sind stille Helden, in den großen Städten kennt
sie kaum einer. Dabei verkörpern sie den sozialen Wandel im Landesinneren.
Man braucht nur ein paar hundert Kilometer aus São Paulo, Brasília oder Belo
Horizonte herauszufahren, schon verliert der Fußball an Bedeutung. Von den
Pampas des Südens bis ins Amazonasgebiet gibt es nur eine Sportart, die Zehn-
tausende in die Arenen lockt: Rodeo.
»Totó« tänzelt und schnaubt. Der graue Bulle wirft den Kopf zurück, scheu-
ert seinen massigen Körper am Gitter. Mit jeder Bewegung versucht er, die
menschliche Last auf seinem Rücken abzustreifen. Doch die klammert sich wie
eine lebende Klette an das Tier. Der Stier ist in einer engen Box eingesperrt, er
hat keine Chance, den Reiter abzuwerfen.
Noch eine Minute, signalisiert Cowboy Ananías Pereira, 24, dem Helfer an
der Gittertür. Er rückt sein Korsett zurecht und setzt einen Helm mit einem