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zuräumen, er war mit Teixeira verfeindet. Doch das Gekungel zwischen Verei-
nen, Spielern und CBF ist nach wie vor undurchschaubar. Die Regierung hat die
Fußballidole Ronaldo und Pelé ins Feld geschickt, um dem brasilianischen Fuß-
ball vor der WM 2014 nach außen ein freundlicheres Gesicht zu verleihen. Beide
spielten die Demonstrationen gegen die WM-Stadien herunter - und machten
sich damit bei den meisten Brasilianern unbeliebt.
Pelé ist trotz aller gegenteiligen Beteuerungen schon lange nicht mehr das
Idol aller Brasilianer. Viele werfen ihm vor, dass er sich von der Diktatur ver-
einnahmen ließ. Er gilt als Opportunist, ein »Schwarzer mit weißer Seele«. Dass
er mehreren außerehelichen Kindern die Anerkennung verweigerte, trug auch
nicht gerade zu seiner Beliebtheit bei. Für außereheliche Abenteuer haben die
meisten Brasilianer Verständnis, aber wenn es um die Folgen dieser Beziehun-
gen geht, versteht man keinen Spaß - bekannte Fußballspieler wie Romário
wurden schon eingebuchtet, weil sie die Zahlung der Alimente »vergessen« hat-
ten.
Nur beim Vergleich mit seinem ewigen Konkurrenten Diego Maradona wird
jeder Brasilianer Pelé verteidigen; das ist der traditionellen Rivalität mit Ar-
gentinien geschuldet. Aber geliebt, wie etwa der legendäre Garrincha, wird Pelé
in Brasilien nicht. Diese Ehre kommt nur einem einzigen brasilianischen Spor-
tidol zu - und das ist bezeichnenderweise kein Fußballspieler: Formel-Eins-
Weltmeister Ayrton Senna. Nach seinem Unfalltod in Italien 1994 weinte das
ganze Land. In dem schüchternen, introvertierten Rennfahrer aus São Paulo er-
kannten sich mehr Brasilianer wieder als in ihren hochgejubelten Kickerstars.
Natürlich lieben die Brasilianer noch ihren Futebol: die »Pelada«, das Bolzen
unter Freunden, am Sonntagnachmittag mit anschließendem Churrasco. Fuß-
ball ist das ideale Thema für Smalltalk auf Partys, bei Geschäftstreffen oder im
Taxi. Aber immer öfter sind Fußballgeschichten Themen für die Polizeiseiten
oder Klatschspalten. Vielen Profispielern steigen Ruhm und Geld zu Kopf, sie
verkraften den Aufstieg aus der Favela nicht. 2011 hatte ich Gelegenheit, die
Halbwelt des brasilianischen Fußballs zu erkunden - bei Recherchen zu dem
größten Spielerskandal der vergangenen Jahrzehnte: dem Prozess gegen den
einstigen Flamengo- Torwart Bruno Fernandes.
Im März 2013 wurde Bruno wegen der Ermordung seiner einstigen Geliebten
Eliza Samudio zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt. Samúdio war eine »Maria
Chuteira«. So nennt man in Brasilien Frauen, die Fußballspielern nachstellen.
Sie dienen sich den Stars als Gespielin oder Ehefrau an, sie träumen von einer
Karriere als Sängerin, Model oder Fernsehsternchen an der Seite des Kicker-
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