Travel Reference
In-Depth Information
fach zu beantworten. Denn bei aller Offenheit und Modernität glauben die
meisten Brasilianer weiterhin an Wunder und Magie. Die Diözese von Rio be-
schäftigt einen Exorzisten, Pilger aus aller Welt strömen zu brasilianischen
Wunderheilern, die sich mit katholischen Symbolen schmücken. Ende 2012 be-
suchte ich den berühmtesten aller brasilianischen Wunderheiler: João de Deus.
Die Anreise war beschwerlich für Nancy Laska aus Arizona. Dreimal musste
die alte Dame umsteigen, bis sie in der brasilianischen Hauptstadt Brasília ge-
landet war. Ein Kleinbus brachte sie ins 120 Kilometer entfernte Abadiania, ei-
ne Kleinstadt inmitten von Rinderfarmen und Sojafeldern.
Jetzt wartet sie geduldig in einer Schlange zwischen Kranken und Krüppeln
aus der ganzen Welt. Einige sitzen im Rollstuhl, manche gehen am Rollator, ei-
ner wird in einem Bett in den Saal geschoben. Laska stützt sich auf eine Krücke
aus Metall, die ihr Arzt verschrieben hat. Sie leidet an schweren Gleichgewichts-
störungen.
Jedenfalls bis zu dem Moment, als sie vor João de Deus tritt. Er sieht ihr kurz
in die Augen, dann schlägt er mit einer brüsken Handbewegung plötzlich ihre
Krücke weg und ruft: »Die brauchst du nicht mehr!« Aufrecht und ohne Hilfe
schreitet die Amerikanerin aus dem Saal.
Als »Miracle Man« (Wundermann) verehren seine amerikanischen Patien-
ten den Brasilianer João Teixeira de Faria, 70. Jede Woche von Mittwoch bis
Freitag schleust João de Deus, wie der Wunderheiler genannt wird, Tausende
Kranke und Krüppel durch die »Casa Dom Inácio«, sein Behandlungszentrum
in Abadiania.
Bettelarme Mütterchen und Landarbeiter mit sonnenverbrannten Gesich-
tern harren neben Millionären aus, die in Luxuslimousinen vorgefahren sind.
Eine Polizistin in Uniform reiht sich in die Schlange ein; Manager aus Frank-
furt, Ärzte aus Österreich, Finanzbeamte aus Kanada und Musiker aus Deutsch-
land warten auf Behandlung. Sie leiden unter Krebs, Aids, Multipler Sklerose
oder anderen tödlichen Krankheiten. Die Casa Dom Inácio ist für die meisten
das Haus der letzten Hoffnung.
Politiker, Schauspieler und Stars haben sich von João de Deus behandeln
lassen. Brasiliens Ex-Präsident Lula, der an Kehlkopfkrebs erkrankt war, ließ
den Wundermann nach São Paulo einfliegen, Perus schwerkranker Ex-Staats-
chef Alberto Fujimori und Hollywoodstar Shirley MacLaine schwören auf ihn.
Die amerikanische Talkshowdiva Oprah Winfrey jettete zu »John of God«,
wie er in den USA genannt wird, sie widmete ihm mehrere Sendungen. In den
Search WWH ::




Custom Search