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»Operation Roosevelt« nannte sich die Aktion, sie begann wie ein Action-
film. Vier zivile Geländewagen rasten durch den Regenwald, jeder war mit sechs
schwerbewaffneten Agenten besetzt. Der Konvoi stoppte vor einem Zeltlager.
Generatoren brummten, Wasser plätscherte, ein Bulldozer wühlte die Urwal-
derde auf. Diamantensucher hatten den Wald in eine Mondlandschaft verwan-
delt.
Mit Maschinenpistolen im Anschlag trieben die Polizisten zehn Männer und
eine Frau zusammen. »Zeig' mal dein bezauberndes Lächeln«, forderte der Ein-
satzleiter die Blondine auf. Als die junge Frau den Mund öffnete, blitzten und
funkelten ihre Zähne: Sie waren mit Diamantsplittern verziert. »Die darfst du
behalten, wenn du nett bist«, versprach der Chef der Rambotruppe.
Alles andere nahmen sie mit: schweres Gerät, Autos und Ausrüstung im Ge-
samtwert von einigen hunderttausend Real. Die Männer mussten sich einer ri-
gorosen Leibesvisitation unterziehen, jeden Schlafsack durchwühlten die Poli-
zisten. Im Necessaire der Köchin wurden sie fündig: In einem Pillenröhrchen
entdeckten sie einen kleinen Diamanten.
Auf Nachfragen reagierten die Garimpeiros, wie die illegalen Edelsteinsucher
genannt werden, mit Schulterzucken: Nein, sie kennen die Hintermänner nicht,
sie wissen nicht, wem die Ausrüstung gehört, sie haben keine Ahnung, wer die
Diamanten kauft.
Sie waren sich nur sicher, dass die Polizei gegen diese Mafia kaum eine Chan-
ce hatte: Schätzungsweise 50 Millionen Dollar setzten die Diamantenschmugg-
ler zeitweise monatlich um. Mit dem Erlös eines einzigen Edelsteins lassen sich
leicht mehrere Bulldozer finanzieren.
Solch hochkarätige Steine haben sie hier schon viele rausgeholt. Die Mine
liegt direkt an der Grenze zu dem Indianerreservat Roosevelt in einem verges-
senen Winkel des Amazonas-Bundesstaats Rondônia. Das Schutzgebiet von der
Größe Portugals galt lange weltweit als der vielversprechendste Spot für Dia-
manten. Mit der Operation Roosevelt versuchte die Regierung, Ordnung im
Niemandsland zu stiften.
Seinen Namen verdankt das Reservat US-Präsident Theodore Roosevelt, der
einst auf einer Expedition das Amazonasgebiet durchstreifte. Heute zieht das
Diamantenfieber Glücksritter aus dem ganzen Land an. Experten schätzen,
dass die Erde unter dem Reservat die größten Edelsteinvorkommen der Welt
beherbergt. 20 Kimberlites, diamantträchtige Gesteinsformationen, haben Spe-
zialisten beim Überfliegen des Gebiets entdeckt.
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