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gen. Einmal ließ er 23 Mitarbeiter mit dem Hubschrauber ausfliegen, nachdem
Indianer die Funai-Station niedergebrannt hatten, aber er machte ihnen keinen
Vorwurf daraus: »Woher sollten die wissen, dass wir ihnen helfen wollen?«
Ohne Geld aus dem Ausland wäre seine Abteilung vermutlich längst ge-
schlossen worden. Eine englische Hilfsorganisation finanzierte seine Funkgerä-
te, die Spanier schenkten ein Flugzeug, und »National Geographic« spendierte
einen Antennenmast. Die Demarkation des Korubo-Reservats wurde mit deut-
schen Entwicklungsgeldern finanziert.
1997 zeichnete der spanische König Possuelo für seine Verdienste um die In-
dianer mit dem angesehenen Preis »Bartolomé de las Casas« aus. In Brasília
galt er dagegen immer als Außenseiter und Störenfried. Die Regierung lässt die
Funai verkommen; Präsidentin Rousseff hat sie weitgehend entmachtet.
Possuelo kämpfte erbittert für den Erhalt der Behörde. Doch das größte Di-
lemma seiner Arbeit könnte die Funai selbst dann nicht lösen, wenn sie funk-
tionieren würde: Der Kontakt mit den Weißen macht die Indianer zwangsläufig
zu Abhängigen.
Nachdem sie Vertrauen geschöpft hatten, erschienen die Korubo gelegent-
lich am Flussufer gegenüber der Funai-Station und riefen »Banane, Banane!«
Possuelo schickte ihnen Früchte, Maniokmehl und Medikamente. Aber er hat
keine Illusionen: »Wir haben sie zu Bettlern gemacht.«
Inzwischen ist er in den Ruhestand versetzt worden, zurückgezogen lebt er
in Brasília. Er kennt die Hälfte der 305 Ethnien Brasiliens, und er fürchtet, dass
die letzten, die noch isoliert im Urwald leben, keine Überlebenschance haben.
»Jeder Erstkontakt ist der Anfang vom Ende«, sagt er. »Ich habe nur Kontakt
gesucht, wenn die Indianer akut bedroht waren.«
Nur 0,48 Prozent der Brasilianer sind Indianer, insgesamt sind sie etwa 900
000. Doch ihre Anzahl wächst seit einigen Jahren wieder, und zwar stärker als
die der nichtindianischen Einwohner. Viele Brasilianer haben indianische Vor-
fahren, die sie allerdings oft verleugnen. Der Rassismus den Ureinwohnern ge-
genüber ist noch stärker als der gegenüber den Afrobrasilianern. Vor allem im
Landesinneren werden sie oft wie Tiere behandelt - und getötet.
Auf den unvermeidlichen Kulturschock, der jedem Erstkontakt mit der »Zi-
vilisation« folgt, sind die letzten isolierten Stämme nicht vorbereitet. Nur wer
sich mit den Eindringlingen arrangiert, hat eine Chance.
So wie der Stamm der Cinta-Larga (»Breite Gürtel«). Die einstigen Jäger und
Sammler leben heute vom Diamantenschmuggel. Als ich sie besuchte, machte
gerade die Bundespolizei Jagd auf die illegalen Schürfer.
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