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der Urwaldriesen. Für Ackerbau ist der Boden ungeeignet, Regen wäscht die
dünne Humusschicht fort.
Rinderzüchter und Holzhändler haben das Land an der Transamazônica un-
ter sich aufgeteilt. Ihre Besitztitel sind zumeist gefälscht, das Verfahren nennt
sich »grilagem«. Sie setzen eine Grille in eine Schachtel mit den gefälschten Do-
kumenten. Die Insekten sondern ein Sekret ab, das das Papier künstlich altern
lässt.
Kolonisten aus dem Süden Brasiliens erschließen nach und nach den gesam-
ten Westen des Amazonasgebiets für das Agrobusiness. Die Regierung hat die
Straßenanbindung der BR-364 ins nahe Peru finanziert, sie verbindet Brasilien
mit den Häfen der Pazifikküste.
Rinderfarmen und Brachland säumen die Straße; nur die verkohlten Skelette
der Paranussbäume erinnern daran, dass hier einmal Regenwald stand. Die
Provinzhauptstadt Porto Velho am Rio Madeira, einem Zufluss des Amazonas,
war einst ein verschlafenes Urwaldnest, nun hat sie sich in eine Boomtown ver-
wandelt. Nachts stauen sich die Geländewagen der Farmersöhne vor der Broad-
way Bar, einem glitzernden Nachtclub, wie er auch in New York stehen könnte.
Am Stadtrand erstrecken sich endlose Arbeitercamps: Tausende Zuwanderer
aus ganz Brasilien sind nach Porto Velho geströmt, sie helfen beim Bau der
Staudämme Santo Antonio und Jiraú, zwei riesigen Wasserkraftwerken. Tau-
sende Hektar Urwald und Brachland am Rio Madeira werden in den kommen-
den Jahren überflutet werden.
In Vista Alegre, wenige Kilometer vor Nilcilenes Siedlung, kommen die Holz-
laster im Viertelstundenrhythmus aus dem Wald, sie werden von Pistoleiros
auf Motorrädern eskortiert. Über Amateurfunk kündigen sie ihre Ladungen an.
»Der Code für Stämme aus staatlichen Schutzgebieten lautet ›Holz von der
Dilma-Ranch‹«, berichten Anwohner. Dilma ist der Vorname der Präsidentin.
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