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billiger als im Süden, die Banken gewährten günstige Kredite, Cargill garantier-
te die Abnahme, bei der Abholzung drückten die Behörden beide Augen zu.
In Santarem und der Nachbargemeinde Belterra kauften die Zuwanderer
Zehntausende Hektar auf, Sojaanbau lohnt sich nur auf großen Flächen. »Sie
kamen mit Koffern voller Geld«, erinnert sich Ivete Bastos, Anführerin der
Landarbeitergewerkschaft. Viele Landarbeiter verkauften ihre Parzellen und
wanderten in die Stadt ab, der Bodenpreis stieg. Ganze Dörfer, Kautschukplan-
tagen und Rinderweiden verwandelten sich in Sojafelder. Die Farmer schlugen
gewaltige Schneisen in den Urwald, bis Umweltschützer Alarm schlugen.
Pater Edilberto und die Gewerkschaft der Landarbeiter führen die Front der
Sojagegner an, Greenpeace schloss sich an. Internationale Proteste bewirkten,
dass Cargill ein Abkommen mit den Produzenten schloss: Der US-Multi kauft
nur noch Soja auf, die nicht von frisch gerodeten Urwaldflächen stammt. Die
Farmer dürfen nur 20 Prozent ihrer Grundstücke bewirtschaften, 80 Prozent
müssen sie als Schutzgebiet stehen lassen. In Mato Grosso verpflichteten sich
die Agrarmultis, überhaupt nicht mit Soja aus dem Amazonasgebiet zu handeln.
Doch in den vergangenen Jahren haben sie das Moratorium aufgeweicht - die
Nachfrage aus China ist schuld.
Die südamerikanischen Flächenstaaten Argentinien und Brasilien sind in-
nerhalb weniger Jahre zur Kornkammer Asiens aufgestiegen. Allein Brasilien
liefert ein Drittel des chinesischen Sojabedarfs.
Während die Europäer immer neue Handelsbarrieren errichteten, haben
Brasília und Peking ihre Handelsbeziehungen in den vergangenen Jahren aus-
gebaut. China hat heute in den meisten brasilianischen Großstädten eigene
Handelsvertreter. Präsident Lula schloss während seiner Amtszeit eine »strate-
gische Allianz« zwischen den beiden Schwellenländern.
Vom Rio de la Plata bis zum Amazonas saugt China wie ein riesiger Staub-
sauger die Märkte für Soja leer. Anfangs hofften die Brasilianer, dass die Chine-
sen auch in die marode Infrastruktur investieren würden. Viele Farmer speku-
lierten darauf, direkt mit den Chinesen ins Geschäft zu kommen. Bislang domi-
nieren wenige Agrarmultis wie Cargill, Bunge und Maggi den Markt, sie finan-
zieren den Anbau und diktieren die Preise.
Doch die Chinesen sind nur an den Bohnen interessiert. Mit der Soja aus
Brasilien mästen sie ihre Hühner und Schweine, um das Zwei-Milliarden-Volk
zu ernähren. Für die Agrarmultis sind goldene Zeiten angebrochen: Cargill Bra-
silien verkauft direkt an Cargill China, die Multis machen doppelt Profit.
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