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›Familienharmonie‹
Besonders typisch für das Beijing sind
die Vier-Harmonien-Höfe
(siheyuan),
die einst das Stadtbild der Hauptstadt
beherrschten.
Siheyuan
bedeutet frei
übersetzt ›Familienhof, in dem meh-
rere Generationen in Harmonie leben
sollten‹. Diese Höfe sind immer qua-
dratisch oder bei großen Anlagen auch
rechteckig angelegt. Wohngebäude
begrenzen ihre Seiten symmetrisch,
der Eingang befindet sich in der süd-
östlichen Ecke, da nach der
fengshui
-
Lehre (Geomantik) die harmonische
Energie aus dieser Richtung kommt.
Ein Wohnhof ist, wie der chinesische
Name ja bereits beinhaltet, meist für
mehrere Generationen ausgelegt und
so waren gerade die Wohnhöfe von
Prinzen und Mandarinen (Beamte) oft
riesige Anlagen mit zahlreichen hin-
tereinander und parallel liegenden
Höfen. Eines der schönsten Beispiele
dafür bildet sicherlich der aus einer
Prinzenresidenz hervorgegangene La-
matempel (s. S. 144).
Viele der luxuriösen Wohnhöfe wur-
den allerdings im 19. Jh. zerstört, ins-
besondere im Jahr 1900, als die Trup-
ckender. Doch der monumentalste
Umbau sollte unter der Herrschaft des
Yongle-Kaiser der Ming-Dynastie in
den Jahren 1406 bis 1421 erfolgen.
Sein Ziel war es, mit der neuen Haupt-
stadt eine physische Nachbildung des
Universums zu erschaffen. Das Zen-
trum wurde vom ummauerten Kaiser-
palast, dem Sitz des Kaisers und Mitt-
lers zwischen Erde und Kosmos, gebil-
det. Umgeben war der Palast von
einem Meer einstöckiger Hofhäuser,
den sogenannten
siheyuan
oder Vier-
Harmonien-Höfen. Die sie vernetzen-
den Straßen werden als
hutong
be-
zeichnet.
Hutong
geht auf den mon-
golischen Begriff
huto,
Brunnen,
zurück. Früher bildete der Brunnen
stets den wichtigsten Punkt in einer
Siedlung. Dies galt insbesondere im
Fall der mongolischen Nomaden, die
das Trinkwasser nicht zuletzt für ihre
wertvollen Pferde benötigten. Ihr
huto
bezeichnete deshalb zumeist nicht nur
den Brunnen sondern darüber hinaus
die Stadt oder ein Lager. Noch bis in die
zweite Hälfte des 20. Jh. hinein sollte
die Metropole ihre zu jener Zeit ge-
schaffene Gestalt weitgehend beibe-
halten.
