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»In den vergangenen vier oder fünf
Jahren hat China, was die Stadtent-
wicklung angeht, eine wahnsinnige
Entwicklung durchgemacht. Tatsäch-
lich ist sie so unglaublich und so rasant
verlaufen, dass wohl noch kein Mensch
etwas Vergleichbares miterlebt hat.«
Ai Weiwei (chin. Konzeptkünstler)
gehört die urbane und gesellschaftli-
che Transformation Chinas zu den
wichtigsten Themen beider Fotogra-
fen. Beide schauen in ihren Werken
zwar immer auch etwas wehmütig zu-
rück, sehen aber in jedem Untergang
auch schon den Keim des Neuen, und
schon 2007 feierten sie die Einweihung
ihres weitläufigen Three Shadows Pho-
tography Art Centre in Caochangdi.
Rong Rong und Inri
Einige der in Caochangdi ansässigen
Künstler, darunter Rong Rong und
seine japanische Frau Inri, gehören
schon seit vielen Jahren zur Avant-
garde der hauptstädtischen Kunst und
haben in ihren Werken den dramati-
schen Wandel der Stadt und die Aus-
wirkungen für ihre Bewohner doku-
mentiert. Rong Rong wurde 1968 in
Zhangzhou in der Provinz Fujian gebo-
ren und studierte ab 1992 am Central
Industrial Art Institute in Beijing Foto-
grafie. 1993 zog er nach Liulitun -
Sechs-Meilen-Dorf - im Osten der
Stadt, ein ehemaliger, von der Stadt
absorbierter Ort, in dem sich seit An-
fang der 1990er-Jahre Beijings junge
Avantgarde niedergelassen hatte.
1996 rief er das Magazin New Photo
ins Leben. Inri wurde 1973 in Kana-
gawa in Japan geboren und studierte
am Nippon Photography Institute in
Tokyo Fotografie. Ab 1994 arbeitete
sie als Fotografin für die Zeitung Asahi
Shinbun und ab 1997 als freiberufliche
Fotokünstlerin.
Verschlungene Wege
Zentrales Thema der hier ausgestellten
Werke von Fotografen aus ganz China
ist die Transformation des Landes, sei-
ner Städte und seines Kulturerbes. Das
als gewundene Tunnelanlage konzi-
pierte Galeriegebäude symbolisiert die
verschlungenen, oft überraschenden
Wege der Modernisierung, lässt immer
neue Perspektiven zu, nimmt dem Be-
trachter am Ende den Schrecken vor
dem Neubeginn und zeigt im Gegen-
teil auch die damit verbundenen Chan-
cen. Hervorstehende Ziegel in den
Außenfassaden symbolisieren Zerstö-
rung und Neuaufbau und bilden die
Kulisse für einen weitläufigen Patio,
der für Events genutzt wird.
Adou
Die Galerie, die so namhafte Künstler
wie Ai Weiwei oder Kuratoren wie Ali-
son Nordström oder Christopher Phil-
lips zu ihrem künstlerischen Beirat
zählt, hat es sich außerdem zur Auf-
gabe gemacht, junge Nachwuchsfoto-
grafen zu fördern. Einmal im Jahr wird
der mit 80 000 ¥ dotierte Three Sha-
dow Photography Award an Nach-
wuchsfotografen verliehen. Der erste
Preisträger war 2009 Adou aus der Pro-
vinz Sichuan. Auf nostalgisch-wehmü-
tige Weise setzt er die Menschen seiner
Heimat, die angesichts einer sich ra-
sant verändernden Umwelt immer et-
was verloren wirken, in Szene.
Zerstörung und Aufbau
Im Jahr 2000 lernten sich beide Künst-
ler kennen und Inri zog zu Rong Rong
in das bereits dem Untergang geweihte
Liulitun. Hier entstand auch die erste
gemeinsame große Fotoserie, die den
Abriss ihres Dorfes und die Verwand-
lung in ein Wohngebiet mit riesigen
Appartementblöcken bis zum Jahr
2003 dokumentierte. Seit dieser Zeit
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