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… und der Einfluss der
Geomantik
Gemäß der Anordnung der Acht Tri-
gramme befand sich das
Eingangstor
im südöstlichen Bereich des Wohnhofs
auf der für günstig gehaltenen Posi-
tion des Windes und gemäß der Lehre
der Fünf Wandlungsphasen auf der Po-
sition des Wassers. Dies sollte das An-
wesen vor Bränden schützen.
Hinter dem Eingang geht man durch
ein (rundes)
Mondtor
in einen
ersten
Hof,
der auf der Nordseite von einer
Mauer und einem weiteren Tor, dem
sogenannten
Tor der Hängenden Blu-
men,
mit einem weiteren Sichtschutz
dahinter begrenzt wird. In alten Zeiten
nannte man es auch
Mädchentor,
da es
den unverheirateten Mädchen und
Frauen des Hauses verboten war, vor ih-
rer Hochzeit hindurchzugehen, wäh-
rend es Besuchern nicht möglich war, in
die privaten Bereiche zu blicken.
Die entlang der Südmauer nach
Norden zeigenden Räume des
ersten
schmalen Hofs
dienten als Gästezim-
mer, Unterkünfte für Diener oder als
Lagerräume.
Die Wohnform der
siheyuan
- wörtlich
Familienhof mit vier seitlichen Harmo-
nien - entwickelte sich bereits in der
Han-Zeit, wurde aber erst in der Ming-
Zeit vervollkommnet. 1417 hatte der
Yongle-Kaiser zehn prinzliche Paläste
im Bereich der heutigen Wangfujing in
Auftrag gegeben, die dann als Vorbil-
der für alle weiteren
siheyuan
in der
Hauptstadt fungierten. Jede Hofan-
lage ist in der Regel für eine Familie
mit mehreren Generationen ausge-
legt, welche dort - konfuzianisch
streng hierarchisch geordnet - in Har-
monie leben sollen, und folgt grund-
sätzlich einem festen Schema.
Strenge Regeln …
Schon in der Ming-Zeit wurden strenge
Regeln für die Errichtung von Wohn-
höfen erlassen. Breite und Tiefe der
Haupthalle richteten sich nach dem
Rang ihrer Besitzer, die architektoni-
schen Mittel, die Farbgebung, ja selbst
die Ornamentik war bis ins Detail gere-
gelt und vorgegeben. So durften ge-
wöhnliche Bürger überhaupt keine Far-
ben benutzen, was zum damals so
typischen grauen Häusermeer der
Hauptstadt führte. Betrat man in der
Kaiserzeit einen
siheyuan,
stand man
vor der architektonischen Visitenkarte
seiner Besitzer. An der Gestaltung des
Eingangstors konnte man den Rang
des Bewohners ablesen, erkennen, ob
er ein Angehöriger der kaiserlichen Fa-
milie, hoher oder niedriger Beamter,
Kaufmann oder normaler Bürger war.
Entsprechend gehörten die Eingänge
mit zu den wichtigsten Bestandteilen
eines Anwesens. Die
Mei-Lanfang-
Residenz
war zwar ursprünglich ein Teil
des Palasts Prinz Qings, wurde aber
später abgespalten und zu einem ge-
hobenen
siheyuan
mit zwei Höfen um-
gebaut. Entsprechend ›bescheiden‹ ge-
staltet sich der Eingang.
Im Haupthof
Gäste durften den folgenden
Innenhof
nur auf Einladung des Hausherrn be-
treten. Die Ost- und Westseite des In-
nenhofes säumen überdachte Veran-
den, die vor Sonne und Regen schütz-
ten. Unterbrochen werden sie je von
einer östlichen und westlichen Halle,
die als Wohnräume für jüngere Famili-
enmitglieder dienten. Die Nordseite
wird vom
Haupthaus,
dem größten Ge-
bäude, begrenzt, in dem die Familien-
oberhäupter bzw. die Ältesten lebten.
Hinter dem Haupthaus folgt ein
weiterer
schmaler Hof
mit weiteren
Gebäuden, die meist von den Frauen
des Hauses genutzt wurden oder als
Lagerräume dienten.