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Am nächsten Tag besuchen wir die Markthalle in Lancaster. Einige Stände werden von
Amish People oder Mennoniten betrieben, es herrscht eine lebhafte Atmosphäre. Nach ein-
er längeren Hitzepause machen wir uns auf der US Route 30 auf den Weg zu den Amishen.
Die drückende Hitze weicht den Asphalt der Straßen auf. Straßenarbeiter versuchen, die
Fahrbahnen mit Bitumen zu stabilisieren.
Der Unterschied zwischen Mennoniten und den Amishen ist der, dass die Amish People
in ihrer Lebensweise wesentlich rigoroser und orthodoxer sind. Die Mennoniten legen die
Regeln ihrer Täuferbewegung freier aus, nutzen zum Beispiel Strom und fahren Autos.
Bisher glaubte ich, dass die Amish People in einem abgegrenzten Raum fern der Zivilisa-
tion leben. Doch weit gefehlt. Sie sind ein fester Bestandteil der hier lebenden Bevölker-
ung. Auf den Straßen ist eine separate Spur für die Kutschen der Amish People eingezeich-
net. Eine dieser „Wäggli“ genannten Kutschen kommt uns entgegen, von einer Frau gelen-
kt. Die Amishe fallen auch aufgrund der einheitlichen Kleidung bei Männern und Frauen
auf. Ein vorbeifahrender Truck stößt rußschwarze Wolken aus, nebelt uns und die Kutsche
ein. Die Amish People bearbeiten ihre Felder und Wiesen ohne Maschinen, einzig mit der
Hilfe von Pferden. Die Amishe gelten auch als hervorragende Handwerker, sogar beim
Hausbau kommen sie ohne Elektrizität aus, sondern erzeugen die benötigte Energie mit
Wasserdruck. Die Pflanzen auf den Tabakfeldern stehen dicht an dicht in sattem Grün, der
Mais steht prall und hoch. Vereinzelte Trauerweiden sind zu sehen. Ich fühle mich ein
wenig unwohl, wie ein Eindringling in einer fremden Welt. An den Ausfallstraßen von und
nach Lancaster haben sich die Amish People den touristischen Gegebenheiten angepasst:
Amish-Restaurants, Amish-Bäckereien, Amish-Markthallen, AmishKunst, Amish-Touren.
Aaron, bestimmt über 70 Jahre alt, kutschiert uns. Hyronimus, der Rappe, zieht den Buggy.
In der Kutsche wird schnell klar, wie unangenehm es ist, wenn Autos, Busse und Trucks
vorbeirasen. Das Positive am Kutschenfahren ist andererseits, dass man Details der Land-
schaft deutlicher erkennt, das Heu der abgeernteten Felder riecht und die Hitze des Tages
spürt. Wenn man die Männer auf den Feldern mit ihren einfachen Geräten arbeiten sieht,
ahnt man, wie strapaziös die Erntearbeit bei diesen Temperaturen sein muss. Aaron redet
sehr schnell, mit starkem Slang. Deutsch spricht er leider nur fragmentarisch. Er möchte
von uns wissen, woher seine Vorfahren stammen. Wir erzählen ihm, dass die Amishe aus
dem Elsass, Lothringen, Saarland und der Pfalz in die USA ausgewandet sind. Dabei wird
uns schnell bewusst, dass er nicht weiß, wo in Deutschland oder Frankreich die einzelnen
Regionen überhaupt liegen. Aaron erzählt, auf welchen Höfen Amishe, Mennoniten oder
English People leben. Außerdem erfahren wir, welche Produkte angebaut werden und wie
die englischen Bezeichnungen heißen. Im Moment wird gerade der Mais geerntet, hier
Corn Harvest genannt. Die Farmer müssen sich beeilen, den Mais vor Beginn der Regen-
zeit in die Silos einzubringen. Eine weitere Ernte ist etwa in zwei Monaten. Dann lässt man
den Mais auf den Feldern vertrocknen, um ihn anschließend zu Silage zu verarbeiten. Der
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