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Es wird Zeit, sich die Fort Peck Indian Reservation etwas genauer anzusehen. Bei leichter
Bewölkung und einem angenehmen Wind verlassen wir Wolf Point Richtung Norden. Zun-
ächst geht's durch die sanft hügelige Prärielandschaft der High Plains. Die kurvenlose
Straße passt zu dem kargen Land, das schwarze Band des Asphalts zeigt schnurgerade
Richtung Norden. Die Landschaft gleicht einem sich unendlich reproduzierenden Bild.
Eine Pferdeherde mit einigen Fohlen trabt gemächlich über die Straße. Im Missouri
DeLorme Atlas sehen wir, dass es mehrere große Ranches im Reservat gibt. Ich stelle
mir den gewaltigen Kraftakt vor, der betrieben wurde, um diese Grassteppe in Ackerland
umzuwandeln. Diese Landschaft war über Jahrtausende hinweg kaum besiedelt und wenig
genutzt. Auf den weiten Grassteppen weideten Büffelherden. Als der Getreideanbau immer
weiter nach Norden und Westen ausgedehnt wurde, selbst in Gebiete hinein, in denen die
Niederschläge normalerweise für einen dauerhaften Anbau nicht ausreichen, rächte sich
der Raubbau an der Steppe. Die trockene Erde der abgeernteten Felder und der Weide-
flächen mit der spärlichen Grasnarbe waren den erodierenden Kräften von Wind und Wass-
er ausgesetzt, das Land wurde teilweise zum Badland. Die Reservation ist fast baumlos,
abgesehen von vereinzelten Bäumen, die vor Farmen als Windschutz gepflanzt wurden.
Einige Farmen stehen einsam und verlassen, davor grasen ein paar Indianerpferde. Vom
Windy Butte schauen wir in die weite Ebene Richtung Norden. „Leaving Fort Peck Indian
Reservation“.
Scobey beziehungsweise Pioneer Town ist eine geschäftige Provinzstadt, überschaubar und
wohl geordnet. The Daniels County Museum & Pioneer Town ist ein Straßenensemble mit
Gebäuden aus der Westernzeit, aber leider geschlossen. Hinter Scobey sehe ich nur noch
den Wasserturm im Rückspiegel, dann verliert auch er sich in den Weiten Montanas. In
Madoc stehen noch einige historische Grain Elevator, Holz-Getreidesilos, die auch „Wach-
posten der Prärie“ genannt werden. Bei Besichtigung der verfallenen Getreidespeicher
muss ich durch hohes Gras gehen. Da ich in kurzer Hose unterwegs bin, steigt mein Adren-
alinspiegel sprunghaft an, ich spüre förmlich, wie sich die Giftzähne einer Klapperschlange
in meine Wade bohren. Der Montana Secondary Highway 251 bringt uns wieder Richtung
Süden. Es ist so einsam, dass sich jedermann mit einem lässigen Heben des Zeigefingers
grüßt. Zwei ältere Damen arbeiten in einer kleinen Ansiedlung im Garten an einem Blu-
menbeet und winken uns freundlich zu. Wir sind wieder in der Reservation. Bei Pleasant
Prairie überholt uns ein Auto, auf dessen Dach eine voluminöse Kamera installiert ist. Es
handelt sich um ein Fahrzeug für den Google-Dienst Street View. Tatsächlich können wir
uns Monate später bei Google die Aufnahmen unseres VW-Busses ansehen. Die O'Brian
Farm steht einsam zwischen Feldern, nur selten sind Farmarbeiter zu sehen. Von der Poplar
Road blicken wir in das wilde, urwüchsige Tal des Poplar River. Ein Präriehund, dessen
Bau mitten auf die Straße führt, starrt uns vorwurfsvoll an. Als es für ihn gefährlich wird,
verschwindet er blitzschnell. Bis auf den Präriehund haben wir nicht ein einziges wild
lebendes Tier gesehen, keinen Hirsch, keinen Bären, keinen Wolf, keinen Berglöwen.
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