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icans. Am Stadtrand stehen ein paar kleinere Gewerbegebäude, auf einem frischgemähten
Rasengrundstück liegt ein überfahrenes Reh, der Körper des Tieres ist bereits aufgebläht.
Es ist kurz vor zwölf Uhr, die Temperatur beträgt 14 °C. An der Hauptstraße sind fast alle
Geschäfte geöffnet. Die Wagner Community School macht einen gefälligen Eindruck. Um
Wagner herum gibt es mehrere Rinderfarmer. Ronald Kafka betreibt eine Livestock Farm.
Hinter einem Sojafeld befindet sich ein frisch gepflügter Acker, auf der gegenüberlie-
genden Seite steht ein kleines Wäldchen. Eine Menge Überlandleitungen unterbrechen die
Monotonie der Landschaft, aus der Ferne sehen die Rinder und Kühe wie kleine schwarze
Punkte auf grünem Teppich aus. Nur vereinzelt begegnen uns Autos. In der weiten, schim-
mernden Ferne liegen niedrige grüne Hügel, der Missouri River leuchtet silbergrau. Auf
einem Pow-Wow-Platz direkt am Ufer des Missouri Rivers machen wir unsere Mittags-
pause. Gegenüber steht ein ungewöhnliches Gebäude mit einer Art Zeltspitze in der Mitte.
Später erfahre ich, dass es sich um den Old Tribal Complex der Yankton Sioux handelt.
In Marty sind über 90% der Einwohner indianisch - wir befinden uns in der Hauptstadt
der Yankton Sioux Reservation. In dem 420 Seelen zählenden Ort fällt das Yankton One
Community College ebenso auf wie die St. Paul Catholic Church, die mit einem klassis-
chen europäischen Kirchturm überrascht. Zwischen den landwirtschaftlichen Flächen liegt
ein klitzekleiner Kinderfriedhof. Auf einem Grabstein lese ich, dass ein Mädchen namens
Evers mit vier Jahren gestorben ist.
Vor dem örtlichen Museum spricht uns ein älterer Herr an. Er kennt einen der Museumsbe-
treiber und fragt, ob wir Interesse an einer Führung haben. Gesagt, getan. Wir landen bei
Ed Staudemier, einem der Supporter des Museums. Seine Mutter ist 1925 aus der Gegend
von Oldenburg nach Amerika gekommen. Ed ist ein netter älterer Herr Ende siebzig. Zu
Beginn unserer Führung gehen wir über eine Wiese. Plötzlich sehen wir eine Schlange! Ed
winkt lässig ab, sie sei harmlos und gut für die Umwelt. Ich frage nach giftigen Schlangen.
Ed meint, das es den ganzen Missouri River aufwärts Rattlesnakes gibt, jedoch nicht mehr
so viele wie früher. Gut zu wissen.
Ich frage Ed Staudemier nach dem Leben in der Reservation und erfahre zu meiner nicht
geringen Verblüffung, dass einige der Reservate gar nicht von Indianern bewohnt werden.
In der Yankton Sioux Reservation wird 99% der Landwirtschaft von Weißen betrieben.
Die Indianer verpachten oder verkaufen ihr Land, weil sie kein nachhaltiges Interesse an
der Landwirtschaft haben. Sie sind nicht sesshaft genug, sind mehr Jäger und Fischer. Die
meisten Natives leben in Marty, auf Karten gekennzeichnet als Tribal Land. Jetzt erst ver-
stehe ich das Symbol der Feder auf unserer Karte, es weist immer auf eine indianische
Community hin. Das Zusammenleben zwischen Weißen und Indianern verläuft problem-
los. Den Indianern werden Wohnungen oder Häuser zur Verfügung gestellt, die sie aber
nach einiger Zeit wieder aufgeben, weil es nicht ihrer Kultur entspricht, fest an einem Platz
zu leben.
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