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Das Super 8 Motel ist mit 60 $ doppelt so teuer wie üblich, da wegen der heutigen
College Graduation jede Menge Gäste von außerhalb angereist sind. Vermillion wirkt wie
eine Spießer-Idylle. Alles sieht wie geleckt aus. Allerdings sind kaum Menschen auf den
Straßen, sodass auch nichts verschmutzt werden kann. Die Main Street bietet ein Bild un-
glaublicher Sauberkeit - so eine Stadt habe ich in den USA noch nicht gesehen. Polizei-
wagen patrouillieren permanent durch die Straßen. Die Frage ist: warum? Möglicherweise
existiert Vermillion real gar nicht, sondern ist nichts weiter als die Kulisse für einen Heile-
Welt-Film.
Der Morgen des folgenden Tages (11. Mai) brachte uns an die Mündung des Jaques-River
(heute James River), der hinter einer Sandbank verborgen blieb. Nach dem Mittagessen
sahen wir in der Ferne das Dampfschiff Assiniboin, welches wir in einer halben Stunde er-
reichten. Es hatte aus Mangel an Wasser nicht weiter kommen können. Während wir den
Assiniboin besuchten, bemerkte man plötzlich am linken oder südlichen Ufer Indianer, der-
en etwa 15 bis 20 über die Hügel herab ritten. Da man nicht sehr geneigt schien, sich mit
ihnen einzulassen, und sich begnügte sie mit dem Fernglase zu beobachten; so benutzten
wir das schöne Wetter zu einem Streifzug in die Prairie. Als ich nach dem Schiffe zurück-
kehrte, fand ich daselbst drei Punca-Indianer, den Chef dieses Stammes, Schudegacheh,
dessen Bruder Passitopa und Hä-Cha-Gä. Sie waren sämmtlich ansehnliche, starke Män-
ner, gross und wohl gebildet, mit stark ausgewirkten Zügen, hohen Backenknochen, stark
gebogenen Nasen und feurigen, dunkel schwarzbraunen Augen. Ihre Haare hiengen zum
Theil bis gegen, auch wohl über die Schultern hinab, bei dem Chef waren sie kürzer ge-
halten, und hinten in einer Flechte zusammen gedreht. Am Oberleibe waren diese Indian-
er nackt, nur um den Hals trugen sie ein verziertes Band, in den Ohrläppchen eine grosse
Oeffnung, bei dem Chef mit einem Zierrathe von Muscheln behängt. Seinen Bart unter dem
Kinne, der nur aus langen sparsamen Haaren bestand, hatte er lang wachsen lassen. Um
das Handgelenke trugen sie ein schmales Armband von weissem Metalle, und ausser ihren
sehr einfachen ledernen Beinkleidern waren sie in grosse Bisonfelle, der Chef aber in eine
weisse wollene Decke gehüllt.
Mehrere Meilen vor Yankton in South Dakota sehen wir am 10. Mai schon in der Ferne
den Wasserturm und die Kirchturmspitze der Stadt. Die Mündung des James Rivers ist auf-
grund einer dicht bewaldeten Insel im Missouri nicht einsehbar. Die Stadt erreichen wir auf
dem US Highway 81 über die neu erbaute Yankton Bridge. Die Brücke hat eine ungewöhn-
liche Konstruktion mit jeweils sieben Stützen auf jeder Seite. Wir beziehen Quartier im
Motel Super 8 und fahren kurz darauf nach Nebraska, um im Murdos Aten Resort unser
Dinner einzunehmen. Das Restaurant ist voll besetzt, wir müssen über zwanzig Minuten
auf einen Tisch warten. Heute ist Muttertag, in den USA ein nationaler Feiertag. Das Res-
taurant ist voller alter Mütterchen, die zur Feier des Tages von ihren Familien eingeladen