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Architektur
Rio war lange Zeit die Hauptstadt von Brasilien und gilt seit jeher als Hochburg
schöner, funktioneller und avantgardistischer Baukunst. Noch heute ist hier die
gesamte Bandbreite architektonischer Stile aus dem 17. bis 20. Jh. vertreten und
die Gebäude buhlen förmlich um die Aufmerksamkeit der Passanten.
Koloniales & kaiserliches Rio
Im Zentrum befinden sich zahlreiche Bauten aus der Kolonialzeit. Beson-
ders beeindruckend sind die barocken Jesuitenkirchen aus dem 17. Jh, vor
allem der Convento de Santo Antônio und das Mosteiro de São Bento. Die
überladene, scheinbar komplett mit Gold überzogene Innenarchitektur
lässt nichts von der Nüchternheit ahnen, die später so typisch für den
brasilianischen Baustil werden sollte.
Anfang des 19. Jhs. kamen mehrere Künstler und Architekten aus
Frankreich nach Rio. Sie hatten beschlossen, der Stadt neues Leben einzu-
hauchen, und prägten dann auch prompt eine ganz neue Designästhetik
im aufstrebenden brasilianischen Kaiserreich, die in der frisch gegründe-
ten Kaiserlichen Akademie unterrichtet wurde. Neoklassizismus hieß der
Baustil der Stunde. Die Gebäude, die in dieser Zeit entstanden, waren
grandios und monumental und hatten klassische Merkmale wie verlän-
gerte Säulen sowie ausladende Kuppeln. Zu den besten Beispielen zählen
das Museu Nacional de Belas Artes, das Theatro Municipal und die Casa
França-Brasil. Letztere gilt als wichtigstes architektonisches Zeugnis je-
ner Zeit, denn sie wartet mit ein paar kuriosen Elementen auf: Sie ist auf
die vier Himmelsrichtungen ausgerichtet und verfügt über einen großen,
wie ein Kreuz geformten Innenbereich sowie eine gewaltige Kuppel.
Im ausgehenden 19. Jh. wurde der Trend fortgesetzt, frühere Baufor-
men wiederaufzugreifen, wie man u. a. an der Real Gabinete Português
de Leitura sehen kann. Der Königliche Lesesaal aus dem Jahre 1887 ist
eindeutig von der manuelinischen Epoche (frühes 16. Jh.) inspiriert: Er
besitzt eine gotische Fassade und eine besonders in Szene gesetzte metal-
lische Struktur.
Oft wird das in
den 1970er-
Jahren errichtete
wuchtige, graue,
fantasielose
Petrobras-Gebäu-
de (Avenida
República do
Chile 65, Centro)
als eines der
hässlichsten
Bauwerke der
Welt bezeichnet.
Es erinnert an
eine Kreuzung
aus halbfertigem
Legoturm und
zerbrochenem
Zauberwürfel.
20. Jahrhundert
Im 20. Jh. tobten sich die Architekten so richtig aus. Sie schufen neoklas-
sizistische, Art-déco-, modernistische und Mischbauten. Zeitgleich wur-
den viele prächtige Kolonialgebäude restauriert, während andere wieder-
um der Abrissbirne zum Opfer fielen. So mauserte sich Rio zu einer der
schönsten Städte Lateinamerikas.
Mit einem Zufall hatte das Ganze natürlich nichts zu tun, denn Anfang
des 20. Jhs. war Rio schließlich noch die Hauptstadt und als solche ein
Symbol für die Pracht der modernen Republik. Deshalb ließ der Präsident
immer neue neoklassizistische Schmuckstücke errichten. In die damalige
Zeit fiel auch die Amtsperiode von Pereira Passos, einer der ehrgeizigsten
Bürgermeister, die Rio je hatte. Diese beiden Faktoren spielten eine große
Rolle für die Entwicklung der Metropole.
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