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Kleinseite
Der Spaziergänger taucht in ein Ge-
wirr krummer Gassen, enger Durch-
gänge und finsterer Innenhöfe unter
verschachtelten Dächern ein und er-
lebt auf dem Weg zur Burg das male-
rischste aller Stadtviertel Prags.
Ein Abendspaziergang durch das
Viertel gleicht einer Reise in die Ver-
gangenheit, vor allem, wenn der
Mond die Kleinseite in ein geheimnis-
volles Licht taucht. In seinen „Klein-
seitner Geschichten“ hat der Schrift-
steller Jan Neruda dem Stadtviertel
ein literarisches Denkmal gesetzt.
Für die Helden seiner Erzählungen,
Dienstboten, Händler, Studenten und
Handwerker, deutsche und jüdische
Bewohner, wäre die Kleinseite heu-
te allerdings zu teuer. Gerne würden
die Prager den einzigartigen Zauber
von Barockpalästen, Terrassengär-
ten, Laubengängen, Kirchenbauten,
urigen Kneipen und kleinen Cafés ge-
nießen, aber die Miet- und Immobili-
enpreise liegen schon über denen der
Altstadt. In den Palästen residieren
Botschaften und Firmen, in alten Bür-
gerhäusern werden luxuriöse Wohnun-
gen vermietet. Přemysl Ottokar II. hat
die Kleinseite 1257 als zweite Prager
Stadt gegründet und dabei den Groß-
teil der unter der Burg Ò ansässigen
tschechischen Bevölkerung vertrie-
ben und norddeutsche Kolonisten an-
gesiedelt. Nach der Schlacht am Wei-
ßen Berg errichtete der katholische
Adel seine Residenzen. Erst als der
Adel nach Wien zog, kamen wieder Ar-
beiter, Handwerker und Beamte. Viele
Tschechen haben heute die Kleinsei-
te schon verlassen, von den 20.000
Bewohnern Anfang der 1990er-Jahre
ist nicht einmal ein Viertel geblieben.
Souvenirläden und Verkaufsgalerien
haben die alten Läden verdrängt.
Kategorie Design des Jahres. Wegen
seiner aneinandergeschmiegten Tür-
me bekam das Haus den Beinamen
„Tanzendes Haus“. Die Prager nen-
nen es aber „Ginger und Fred“ in An-
lehnung an das Tanzduo Ginger Ro-
gers und Fred Astaire. Das Projekt der
Architekten Vlado Milunič und Frank
Gehry füllte eine Baulücke, die seit
1945 nach einem amerikanischen
Luftangriff auf Prag klaffte.
µ Die Straßenbahn 17 oder 21 in Richtung
Jiráskovo náměstí.
Das Tanzende Haus
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